Fotos: Cools Foto: Schwarzwälder-Bote

Renfrizhausen hat trotz Autobahnnähe Plätze der Ruhe / Ortsvorsteher Reiner Kimmich zeigt, wo er den Alltag vergessen kann

Vom Vertreter zum Ortsvorsteher – Reiner Kimmich ist noch nicht lang im Amt, weiß dafür aber ganz genau, was Renfrizhausen bewegt. Er zeigt die Orte, denen man lieber schnell den Rücken kehrt, und jene, an denen man ewig verweilen könnte.

Sulz-Renfrizhausen. Wenn Reiner Kimmich keine Autos mehr sehen kann und der Lärm der Autobahn an seinen Nerven zerrt, dann setzt er sich in seinen Wagen und fährt zum Kirchberg hoch. Erst unter der großen Linde am Friedhof beim Kloster kann er aufatmen und den Blick in die Ferne schweifen lassen. "Hier ist es so still, dass man jeden Vogel hören kann", weiß er und lauscht.

Generell sei das Kloster natürlich ein Alleinstellungsmerkmal des Ortes. "Hier ist durch etliche Seminare und Veranstaltungen immer etwas los, und trotzdem kann man hier Ruhe finden", weiß er.

Im Alltag tauscht er die ruhige Natur gegen seine Autowerkstatt ein, die der 53-Jährige selbstständig in Renfrizhausen betreibt. Standorttreue ist dem frisch-gebackenen Ortsvorsteher generell wichtig. Noch immer bewohnt er das Haus, in dem er geboren wurde und aufgewachsen ist. Schon seine Eltern waren Renfrizhauser.

An seinem Stadtteil, der übrigens der drittgrößte von Sulz ist – "unser Gebiet ist weitläufig" –, schätzt er die Harmonie. In den 53 Jahren, die er erlebt habe, sei kein größerer Streit vorgekommen. Daher bereue er es auch nicht, das Amt des Dorfchefs angenommen zu haben. "Wenn es während meiner Zeit als Ratsmitglied Krisen gegeben hätte, wäre ich nie Ortsvorsteher geworden", macht er deutlich, wie wichtig ihm gute Kommunikation und Ehrlichkeit sind.

Vision vorantreiben

Und er weiß, dass Renfrizhausen in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen wird. "Wir haben eine Vision", sagt er mysteriös und lacht. Dann zeigt er auf eine weitläufige Wiese und meint: "Hier soll unser Kunstrasenplatz enstehen. Das Projekt müssen wir nun vorantreiben." Innerhalb der kommenden zwei Jahre soll der so gewünschte Platz dort entstehen, wo nun im wahrsten Sinne des Wortes Gras über das alte brachliegende Sportgelände wächst. So muss keine neue Fläche erschlossen werden. "Davon profitiert die ganze Stadt", weiß Kimmich, insbesondere natürlich die örtlichen Vereine wie die SG Mühlheim-Renfrizhausen, die TG Mühlheim, der TEV Renfrizhausen-Mühlheim, der Ju-Jutsuclub Mühlbachtal und mehr.

Was beim Aufzählen der Vereine auffällt, ist der Name "Mühlheim". Tatsächlich sieht Kimmich die Kooperation mit dem Nachbarort als großes Plus. Das beginne schon bei Kindergarten und Schule, einem Bereich, bei dem sich besonders kleine Orte schwertun, weiß Kimmich. In Renfrizhausen besuchen die Kleinen den Kindergarten, in Mühlheim die Grundschule. "Die Gemeinschaft mit Mühlheim klappt gut. Das zeigt sich auch deutlich im Vereinsleben", meint er. Nur noch zwei Vereine arbeiteten ohne die Kooperation.

Potenzial sieht der Ortsvorsteher noch im Bereich Treffpunkte aufgrund der fehlenden Gastronomie. Auch das Thema Nahversorgung sei eines, mit dem man sich befassen müsse, obgleich der Wochenmarkt in Renfrizhausen gut angenommen werde. Ein zweischneidiges Schwert sei die Autobahnnähe: "Das ist manchmal schon viel Lärm, aber für eine gute Anbindung muss man Kompromisse eingehen", findet er.

Sorgenkind Bosch-Areal

Das gilt allerdings nicht für das sogenannte Bosch-Areal. Die etwas verwildert aussehende Fläche scheint optisch nicht so recht zum Rest des Ortes zu passen. "Wir sind im Gespräch mit Planern und wollen in Richtung barrierefreies Wohnen gehen", meint Kimmich. In den vergangenen Jahren habe man den bestehenden Wohnraum gepflegt und gewahrt. Aber auch neue junge Familien müssten von Renfrizhausen angezogen werden. "Wir haben immer wieder junge Paare, die auf Probe zusammenziehen. Daher sind Wohnungen gefragt", sagt er. Mit einem großen industriellen Arbeitgeber im Ort sei außerdem Wohnraum für das Personal von Interesse. "Auch da fehlen Wohnungen", meint Kimmich.

Zufrieden ist er mit dem geschaffenen Platz in der Ortsmitte – "der ist schön und einladend geworden". Was den Ort künftig vermutlich beschäftigen werde, sei das Thema Hochwasser, da in Renfrizhausen drei Bäche zusammenlaufen. "Da zahlen wir den Preis für unsere wunderschönen Täler", sagt Kimmich, würde die Idylle, die ihm oft so viel Ruhe gibt, aber um keinen Preis missen wollen.