Skurril: Der Seiltänzer verschwindet durch eine Tür. Foto: Schwarzwälder-Bote

Ausstellung mit 40 Werken von Joachim Kupke im Wasserschloss / Barbara Bergmann hält Einführung

Von Marzell Steinmetz Sulz-Glatt. Die hintere Wand mit der schönen Tapete bleibt sichtbar. Die Fensterfront wird auch nicht zugestellt. Darauf verzichtet normalerweise kein Künstler, der im Fürstensaal des Glatter Wasserschlosses ausstellt. Joachim Kupke erweist diesem Raum, der ihn offenbar stark beeindruckt hat, seinen Respekt. Der 1947 in Sindelfingen geborene Künstler zeigt im Kultur- und Museumszentrum Schloss Glatt 40 Werke, die zwischen 1972 und 2014 entstanden sind. Am Samtsagabend war Ausstellungseröffnung.

Joachim Kupke hat in den 1960er-Jahren Bildende Künste studiert. Das erwähnte Barbara Bergmann, Direktorin des Schauwerks Sindelfingen, gleich zu Beginn ihrer Einführung in das Werk des Zeichners und Malers. Es war damals eine Zeit des Umbruchs und der Revolte, die das Traditionelle und nicht zuletzt auch die Kunst in Frage gestellt hat. Die 68er haben ihn geprägt: Joachim Kupke, so die Referentin, verstehe sich als Querulant und Querdenker, nehme eine Haltung ein, bei der der Künstler mit seiner virtuosen Maltechnik hinter seine Kunst zurücktrete. In seinen gemalten Collagen – Kupke nennt sie "Peintagen" – eigne er sich Werke der Kunstgeschichte an, analysiere sie und setze sich so mit der Kunst auseinander.

Im Mittelpunkt der Ausstellung im Wasserschloss steht die Serie "Zimmer in Delft". Mit dem niederländischen Maler Johannes Vermeer van Delft (1632 bis 1675) verbinde Kupke eine Wahlverwandtschaft. Doch auch die durch Andy Warhol bekannt gewordenen Pop-Art und andere zeitgeschichtliche Kunstströmungen fließen, wie Barbara Bergmann erklärte, in Kupkes Werk ein. Er verwische dabei die Gattungsgrenzen zwischen Fotografie, Malerei, Druckgrafik und Werbung. Nicht zuletzt interessierten ihn Bilder, die man aus Reproduktionen und Medien kenne. Damit übertrage er auch Triviales in den Bereich der Kunst.

Wie beziehungsreich Kupkes "Peintagen" sind, erläuterte die Referentin unter anderem an dem Titelbild "Kate Moss in Delft", einem fotorealistisch gemalten Porträt des Super-Models. Als Hintergrund nahm Kupke einen prachtvollen Tischteppich, den er dem Gemälde "Bei der Kupplerin" von Vermeer entnommen hat. Barbara Bergmann: "Die Interpretation des Bildes, es handele sich um eine Bordellszene, ist eine von vielen. In jedem Fall geht es aber um die Verlockung sinnlicher Verführung." Sie wies auf die Blässe der Haut, das tiefe Rot der Lippen und die glatten Lederhandschuhe des Models hin. Als Vorlage für Kate Moss diente Kupke ein Ausschnitt einer Werbekampagne für Lippenstifte. Der Maler machte aber noch andere Anleihen. So folge die Anordnung des Textes in den vier Ecken des Bildes einem Beatles-Porträt von Peter Blake, einem der bekanntesten Künstler der britischen Pop-Art. Trotz der Anleihen, betonte Barbara Bergmann, seien die Bilder "unverwechselbare Kupkes, präzise komponiert aus Bildräumen, Flächen, Foto- und Textelementen, die er zuvor zerlegt und auf spielerische, fantasievolle Weise formal stimmig und überaus geistreich wieder zusammenfügt." Erotische Frauen wie Kate Moss, Marylin Monroe oder Scarlett Johansson, die Kupke nackt malte, seien ein Hauptthema der Serie – Bilder zwischen Schein und Wirklichkeit. Barbara Bergmann sieht sie aber nicht ausschließlich im Kontext der sinnlichen Verführung. Vielmehr seien es Verführungen der Abbilder von Wirklichkeit und besonders durch die Malerei. "Lassen Sie sich verführen", appellierte sie an die mehr als 100 Besucher, die anschließend die Ausstellung möglicherweise mit anderen Augen besichtigten. u Die Ausstellung Joachim Kupke "Kate Moss in Delft" dauert bis zum 5. Oktober. Geöffnet ist sie dienstags bis freitags von 14 bis 17 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr.