Kunst: Verónica Munín-Glück ist fasziniert von Blicken und den Geschichten, die dahinterstecken

Gnadenlose Farbmischungen für ein intensives Erlebnis – Verónica Munín-Glück eröffnet am Dienstag, 15. August, ihre Solo-Ausstellung "Mit Sicherheit Kunst" bei der Bundespolizei in Böblingen.

Sulz. Verónica Munín-Glück glaubt noch an den Sommer. Deshalb hat sie ihre Leinwände draußen vor dem Haus platziert. Hier muss sie sich keine Gedanken um ihre Arbeitsweise machen, sondern kann nach Herzenslust schütten, klecksen und ihren Gedanken freien Lauf lassen.

"Die schwerste Entscheidung ist, festzustellen, wann ein Bild fertig ist. Das ist nicht wie ein Stuhl. Da weiß man, wie er am Ende auszusehen hat", meint sie und passt damit ins Bild des perfektionistischen Künstlers.

Dabei mag sie keine Klischees – und Einschränkungen noch viel weniger. Deshalb bleibt sie auch nicht im System, wie sie erklärt, mischt "gnadenlos" Öl- und Wasserfarben, fügt ihnen Spiritus, Lack oder Terpentin hinzu und sieht, wie alles miteinander reagiert und etwas Neues, Außergewöhnliches bildet. Es gibt eine bestimmte Wirkung, die sie erzielen möchte. Und um das zu schaffen, ist alles an Material, Farbe und Technik erlaubt.

Gern spielt sie auch mit Schatteneffekten. So hat sie auf eines ihrer Bilder, die auch bei der Ausstellung in Böblingen zu sehen sein werden, Objekte aufgeklebt, die je nach Ausleuchtung einen anderen Schatten werfen und dem Bild eine weitere räumliche Tiefe geben.

Dimensionen, Raum und Umgebung dominieren generell das Werk der Architektin, die mit 26 Jahren aus Buenos Aires hergekommen ist. Gerade diese Erfahrung, das Verlagern des Lebensmittelpunktes von Argentinien nach Deutschland, hat sie wohl auch dazu inspiriert, sich näher mit dem Phänomen der Migration zu beschäftigen und vor allem dessen Akteure in ihre Kunst miteinzubeziehen. Sie kennt den Spagat zwischen Anpassung und der Bewahrung der eigenen Identität.

Für Gefühle sensibilisieren

Während ihre räumlichen Bilder die Basis ihrer Arbeit bilden, sind im Laufe der Zeit noch Portraits von Migranten dazugekommen. Damit sind nicht zwingend Flüchtlinge gemeint, sondern Menschen, die ihre Heimat aus den unterschiedlichsten Gründen verlassen haben, Menschen aus Afrika oder Rumänien, Frauen mit todtraurigen Augen oder Männer mit einem fast herausfordernden Blick. Hinter ihren Ausdrücken stehen Geschichten, die Munín-Glück kennt und dem Betrachter zu vermitteln versucht. Damit will sie den Betrachter für die Gefühle der Migranten, aber auch der Einheimischen sensibilisieren.

Um markante Teile der Gesichter hervorzuheben, verwendet Munín-Glück teilweise fluoreszierende Farbe, die in der Nacht einen subtilen türkisfarbenen Schimmer über den Ausdruck legt. "Nachts zeigen sie ein anderes Gesicht, so wie Menschen verschiedene Gesichter haben können", sagt sie lächelnd. Manchmal sei sie des Nachts auch erschrocken, wenn ein Paar Augen unheimlich durch ihr Haus geleuchtet hätten. Munín-Glücks Bilder sind nicht zuletzt aufgrund ihres großen Formats so eindringlich. "Das Bild soll das gesamte Blickfeld einnehmen. So gibt es ein viel intensiveres Erlebnis als bei einem kleinen Format", weiß sie.

Knapp 30 Bilder werden bei ihrer Werkschau in der Bundespolizeidirektion, einer alten Kaserne, zu sehen sein, deren Titel so treffend und ironisch "Mit Sicherheit Kunst" lautet. Sechs eingeplante Bilder musste sie dabei aus dem Konzept streichen, weil diese noch in einer Galerie in St. Tropez hängen.

Doch bei ihrer Auswahl an Bildern fiel es nicht schwer, etwas anderes zu finden. Ihre Wahl hat sie dabei nicht nur nach Motiven getroffen, die ihren Stil ausdrücken, sondern auch danach, wie sie nebeneinander wirken. "Ich nehme immer ein paar mehr Bilder mit zu einer Ausstellung. Vor Ort kann alles einen ganz anderen Ausdruck haben", weiß sie.

Die Ausstellung wird am Dienstag, 15. August, um 17 Uhr in der Bundespolizeidirektion in Böblingen eröffnet und kann bis zum 9. November besucht werden.

Weitere Informationen: www.munin-glueck.de