Einen biografischen Bilderbogen spannen Maria Binder und Renate Mutschler-Schüz mit ihrem Portrait über Elly Heuss Knapp. Foto: Haubold Foto: Schwarzwälder-Bote

Elly Heuss-Knapp: Kleine Literaturbühne macht sich auf Spurensuche / Szenische Lesung

Von Petra Haubold

Mit einer kurzweiligen Lesung entführten Maria Binder und Renate Mutschler-Schüz von der Kleinen Literaturbühne Waldenburg in die Welt der engagierten First Lady und Sozialpolitikerin Elly Heuss-Knapp.

Sulz. Ein kulturelles Glanzstück hatte das Veranstaltungsteam vom Kultur- und Heimatverein mit dieser Darbietung an Land gezogen. Dass trotz der vielen Angebote am Freitagabend etliche Interessierte den Weg in das katholische Gemeindehaus gefunden haben, freute Silvia Müller, die die aufmerksamen Zuschauer begrüßte. Und diese wurden für ihre Entscheidung bestens belohnt. Inmitten des passend historischen Bühnenbilds gingen die Schauspielerinnen Maria Binder und Renate Mutschler-Schüz aus Waldenburg zusammen mit Pianistin Ute Leenders auf eine rasante Spurensuche durch das Leben von Elly Heuss Knapp. "Das Leben ist wie ein Wollknäuel, nur dumme Kinder wühlen im Knäuel herum", zitierte Mutschler-Schüz aus den Schriften Knapps. Sie führte durch die harmonische Jugendzeit der späteren Frau des Bundespräsidenten, wobei verschiedene politische und religiöse Einflüsse ihres Elternhauses in Straßburg aufgezeigt wurden. In die Rollen von Vater, Großvater und von Freunden und Bekannten Ellys schlüpften die Künstlerinnen, und aus den Briefen und Schriften, die die mit 71 Jahren verstorbene Elly Heuss- Knapp in ein sehr menschliches Licht rückten, lasen die beiden vor. Aufgebaut wie ein Gespräch miteinander und eingebettet in historische Fakten, wurden dem Zuschauer die Lebensstationen der Sozialpolitikerin nahegebracht. "Der Vater hat beide Töchter im Blick und bemüht sich um deren Erziehung zu großbürgerlichen jungen Damen", rezitierte Renate Mutschler-Schüz. Sie schilderte wortreich "die Erlebnisse mit der Mutter an einem eisigen Wintertag, als ein Äffchen Kunststücke vorführte". Großvater Knapp, der dem Mädchen "Gehen, Sprechen und Lieben" beibrachte und eine tiefe Zuneigung zu seiner Enkeltochter fasste, konnte man sich genauso gut vorstellen, wie die glückliche Kindheit mit der Schwester und dem Vater: "Denn wir wurden von Freiheit dressiert."

Ob "ihr Wissensdurst und Lebenshunger" beim ersten Semester in Freiburg, die Begeisterung der "Reklamefachfrau" für die Schuhcreme Erdal oder die "Kriegswäschefibel für die deutsche Hausfrau", das Leben dieser bemerkenswerten Frau mutete spannend wie ein Krimi an.

Der Briefwechsel zwischen Elly und dem jungen Redakteur Theodor Heuss im fernen Berlin wurde nicht nur vorgelesen, er wurde auf der Bühne launig gelebt. Die Schwierigkeiten Ellys mit der Mathematik parodierten die Künstlerinnen anschaulich. Ellys großer Freundeskreis, die Gründung des ersten Radelclubs in Straßburg, aber auch die Idee einer Schule für Frauen – alles konnten die Akteurinnen beweglich in Szene setzen.

Als Lehrerin unterrichtete Elly Heuss-Knapp Sozialpolitik, lehrte Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre und wies in Vorträgen und Büchern auf die Notwendigkeit der Bildung für Frauen hin. Dass sie ihre eigene Ausbildung selbstkritisch als lückenhaft bezeichnete, nahmen die Zuschauer ebenso überrascht zur Kenntnis wie die Freundschaft zu Albert Schweitzer, "der das junge Paar zwischen seinen Operationen und dem Besuch der Matthäus-Passion traute".

Reizvoll waren die Erzählungen zur "Heimarbeitsausstellung" und zur Geburt des ersten Sohnes Ernst Ludwig, der die "berufliche und private Idylle perfekt machte". Bekannte Lieder, zum Teil gemeinsam gesungen, und mit Klavier oder Akkordeon untermalt, kuriose Accessoires und kleine Anekdoten rundeten den Genuss der über zweistündigen Veranstaltung ab. Der Abend weckte wahrhaftig das Interesse an einer Frau, die zu Unrecht lediglich als bescheidene Schirmherrin des Müttergenesungswerks gesehen wird. Letztendlich war diese Zeitreise von Ellys Geburt im Jahr 1881 bis zum ihrem Tod eine fesselnde Darbietung, die am Ende mit reichlich Applaus und zufriedenen Gesichtern bedacht wurde.