Der Zufall führt zwei alte Freunde wieder zusammen / Ecke Frick hat Ludwig Fink das Hochgebirge erschlossen

Von Bodo Schnekenburger Sulz. Es gibt einen Spruch: "Wer mit dem ›Fi-Lu‹ bergwandern geht, muss mit allem rechnen – auch mit dem Allerschönsten." Fink, Ludwig hat einen Blick für die Kleinigkeiten. Seit ein paar Jahren auch jenseits der 4000-Meter-Marke. Der Bergvirus packte Ludwig Fink und seine Frau Brigitte spätestens 2001 bei einer Alpendurchquerung. Von Innsbruck nach Meran führte der Weg. Sie hatten sich einfach angemeldet – und seien nach acht Tagen "mächtig stolz" gewesen, es geschafft zu haben. Weitwanderungen hatten sie da schon öfter gemacht, doch seit diesen Tagen habe sie das "Bergeln" nicht mehr losgelassen. Irgendwann waren sie dann wieder unterwegs, es war bescheidenes Wetter auf dem Allgäuer Hauptkamm, und in einer Hütte drängten sich die Leute. "Das ist doch der Ecke", hat Brigitte gesagt. Ludwig hatte ihn nicht erkannt. Ecke Frick stammt aus Sulz – und war bei Ludwig Fink in der Jungenschaft. Nachdem Frick weggezogen war, hatte man sich aus den Augen verloren. Jetzt führte sie der Zufall wieder zusammen, Fink, den Bergwanderer, und Frick, den Berg- und Skiführer, der eine eigene Bergschule in Oberstdorf hat.

Rollenwechsel. Der frühere Leiter der Jungenschaft begibt sich jetzt ans Seil seines ehemaligen Mitglieds. Jetzt kann "Fi-Lu" selbst mit allem rechnen – auch mit dem Allerschönsten. Die Berge in seiner Reichweite werden höher. Frick erschließt sie ihm. Fink findet das toll. Er hat einen Wahnsinnsrespekt vor dieser Allgewalt der Natur, und er hat einen Wahnsinnsrespekt für Menschen wie Frick, die es Menschen wie ihm ermöglichen, unvergessliche Erlebnisse in den Bergen erfahren zu dürfen. "Es sind Grenzgänge, an denen man wächst", weiß Fink. Zum Beispiel der Gang auf den Elbrus, den höchsten Gipfel Europas, wo die Luft auf gut 5600 Metern schon ziemlich dünn ist. Der Höhe wollte er sich aussetzen, und motiviert hat ihn auch ein bisschen Alexandre Dumas’ "Die gefährliche Reise durch den wilden Kaukasus". Das Unternehmen gelang. Mitgebracht hat Fink viel mehr als einen prominenten Gipfel und die Erfahrung einer Expedition. Menschen, die in ärmlichen Verhältnissen leben, und urtümliche Landschaft, wieder und wieder hat er sie fotografiert. Die Bilder sind greifbarer Beweis dafür, wie gut es uns hierzulande geht – und wie weit weg der Alltag von der Natur ist.

Seither begeben sich Fink und Frick, dessen Bergschule nicht umsonst "Aktiv am Berg" heißt, immer wieder auf "Grenzgang". 2008 war die 4000er-Runde im Monte-Rosa-Massiv mit der Dufour-Spitze auf dem Plan. Das Duo schwang sich den legendären, da in seiner Ästhetik fast unerreichten "Biancograt" hinauf, war auf dem Ortler- Hintergrat und am Lyskamm unterwegs. Und dann die Krönung: das Matterhorn, so etwas wie der Berg der Berge in den Alpen. Fink zweifelt. Würde er’s schaffen? Der Normalweg über den Hörnligrat ist schon anspruchsvoll. Es ist eine lange Tour. Und ausgerechnet als sie dort ankommen, ist das Wetter schlecht. Das kann an einem nagen.

Doch Fink vertraut Frick. Am nächsten Morgen der übliche Wettercheck, dann noch einmal Warten, der Austausch mit den Zermatter Bergführerkollegen, die mit ihren Kunden die tägliche Kolonne anführen – und raus und los.

In einem Buch hält Fink seine Gedanken und Emotionen fest. Anstrengung, Zweifel, Dankbarkeit auch dafür, dank der Bergführer nicht aus der Route zu geraten, sind festgehalten. Und dann: mitten in den Wolken der Gipfel.

Es ist ein bisschen wie eine andere Welt. Auf dem Rückweg ins Tal freut man sich über jedes Grün, über jede Blume, die dem lebensfeindlichen Geröll und Felsengewirr ein kleines Biotop abtrotzt. "Die Seele nährt sich an dem, woran sie sich freut", sagt Fink und freut sich über das Edelweiß auf dem Bild, die Erinnerung ans Matterhorn und die anschließende Tour auf den Mont Blanc genauso wie auf den Sommer. Dann soll’s wieder in die Hochalpen gehen. Die Dent Blanche haben sie sich ausgesucht.