Tilman Schmid (rechts), Sohn des Literaten Paul Schmid, hat das Werk seines Vaters in der "Buchlese" vorgestellt. Paul Müller (links), Vorsitzender des Heimat- und Kulturvereins und Inhaberin Britta Blaurock initiierten eine gut besuchte Lesung über den Sulzer Ehrenbürger. Foto: Haubold

Tilman Schmid liest Geschichten seines Vaters Paul vor. Sulzer Bürger erkennen sich darin wieder.

Sulz - Die Geschichten und Gedichte waren nah dran am Leben. Kaum einer, der sich darin nicht wiedererkannte, ob als echter Schwabe, ob als langjähriger Sulzer Bürger oder einfach nur als literarisch interessierter Besucher.

Gleich einer biografischen Dokumentation hat der Gymnasiallehrer Tilman Schmid die Prosa seines vor 120 Jahren geborenen Vaters Paul Schmid, bekannt als "Kunstmüller", vor dem geistigen Auge vorbeiziehen lassen. Fast 40 Besucher, darunter viele, die den humorvollen Literaten noch zu Lebzeiten kannten, haben die gut eineinhalbstündige Lesung genossen .

Der Abend in der "Buchlese" zeigte einen unterhaltsamen Querschnitt durch Schmids Werk mit Gedichten, Mundarterzählungen, Essays und Kritiken, wobei der Schwerpunkt auf den "Gelegenheitsgedichten" und dem "Starken Tubak", einer Sammlung von rund 50 Mundart-Gedichten lag. Eingeladen hatte der Heimat- und Kulturverein.

Man habe schon lange geplant, "mal etwas über Paul Schmid zu machen". Pünktlich zum Geburtstag des Dichters am 28. Februar sei Sohn Tilman auf der gleichen Spur gewesen, freute sich Vorsitzender Paul Müller. Er dankte der Gastgeberin Britta Blaurock, die ihre Räume in der "Buchlese" zur Verfügung stellte. Die ersten Dichtungen seines Vaters seien im Jahr 1916 entstanden, als dieser als Kriegsverwundeter im Lazarett lag, begann Tilmann Schmid seine Lesung. Schon damals habe er an einem Band mit Sonetten gearbeitet, den bis heute die wenigsten kennen würden. "Du starbst so arm und unberührt vom Ruhme", zitierte der Referent aus den Sonetten, die laut eines damals erschienenen Presseartikels "zu den schönsten gehörten, was aufzutreiben war".

Schmids Erstlingswerk "Brüder" entstand, als sein Bruder Artur in der Schlacht an der Somme als 18-jähriger Kriegsfreiwilliger fiel.

Nach dem ersten Weltkrieg habe er die Laufbahn als Schriftsteller eingeschlagen und sei Literaten wie Ludwig Thoma und Joachim Ringelnatz begegnet. Nach dem Tod des Vaters musste Schmid die elterliche Mühle übernehmen. "Und da konnte er dem Volk aufs Maul schauen und sein Talent, mit den Leuten zu schwätzen, voll ausspielen", beschrieb der Redner augenzwinkernd.

Lustiges, Wahres, Kurioses und längst Vergangenes bot Tilman Schmid den Gästen in Reimform, für das er am Ende von den Gästen reichlich Applaus erhielt. Mal las er aus den Gedichtbänden seines Vaters vor, mal erklangen die Histörchen aus dem Stegreif. Durchweg garnierte Schmid seinen spannenden Vortrag mit amüsanten Einzelheiten, ließ bisweilen das Publikum eintauchen in die Gedichtwelt, die sehr melancholisch, aber auch vergnüglich und bissig war.

Als Peter Strick sei sein Vater als Mundartdichter bekannt geworden und habe bisweilen den Unmut der Nazis erregt. Namensgeber für das Pseudonym Peter Strick seien die Hunde der Eltern "Peter" und "Strickle" gewesen, wusste der Redner unter dem Schmunzeln der Gäste zu erzählen. Paul Schmids Reaktion auf die Ehrenbürgerschaft sorgte für manche Lacher: "Dies ist doch wohl ein Faschingsscherz", musste er dem damaligen Bürgermeister Wetzel zugerufen haben. Denn er konnte nicht glauben, dass die Ehrenbürgerwürde dem Kleinbürger Paul Schmid galt. Er leitete sie weiter an Peter Strick, sagte Schmid.

Das Gedicht "Der schwäbische Gruß" habe ihm die Mitgliedschaft bei der Götz-von-Berlichingen Akademie in Tübingen eingebracht.

Auch mit dem "Fischermarsch" kam Heiterkeit in der Buchhandlung auf. Rührend war die Geschichte von der "Neckarkorrektur", die in den 1950er Jahren dem ein oder anderen zu schaffen machte.

Mit den schwäbischen Gedichten aus dem "Starken Tubak", konnte der Redner im Wechsel mit Paul Müller aufs allerbeste unterhalten. Manche Episode erntete hier und da ein begeistertes Kopfnicken.

Mit Snacks und Getränken durften sich die Besucher verwöhnen lassen, bevor sie die Gelegenheit wahrnahmen, in den historischen Gedichtbänden zu blättern oder auch einen der vorgestellten Bände zu erwerben.