Jannik Schröer. Foto: Danner

Jannik Schröer bringt Flüchtlingen Alltagsdeutsch bei. Der 18-Jährige blickt gerne über den Tellerrand hinaus.

Sulz - Da sage noch mal einer was Schlechtes über die Jugend von heute. Jannik Schröer aus Sigmarswangen ist das beste Beispiel dafür, dass sich ein 18-Jähriger sehr wohl seiner gesellschaftlichen Verpflichtungen bewusst ist. Er gibt Flüchtlingen Deutschunterricht.

Der hochgewachsene junge Mann ist selbst noch Schüler. Im kommenden Jahr will er am Technischen Gymnasium (TG) in Rottweil sein Abitur ablegen. Jannik Schröer blickt gerne über den Tellerrand hinaus. Nach der neunten Klasse, bis dahin hatte er das Albeck-Gymnasium in Sulz besucht, legte er ein Auslandsschuljahr im US-Bundesstaat Oregon ein. Mit seiner Familie – der 18-Jährige hat noch drei Geschwister – ist er regelmäßig auf Reisen. "Wir waren schon in Indien, Marokko, Ägypten, Thailand und Myanmar." Dabei legt er Wert auf die Feststellung, dass "wir auch in die dreckigen Ecken gehen", um Land und Leute wirklich kennenzulernen.

Der junge Mann ist gut beschäftigt. An seinem Gymnasium ist er Schülersprecher, und zwar "ein recht aktiver.". Er organisierte am TG die Aktion "Weihnachten im Schuhkarton", bei der Kinder und Jugendliche Päckchen für Bedürftige packen.

Und auch zu den Flüchtlingen, die das Technische Gymnasium besuchen, habe er einen recht guten Draht. "Man muss halt nur mal auf die Leute zugehen", meint er. Ist diese Hürde genommen, ergebe sich alles andere von selbst.

Als er im Schwarzwälder Boten las, dass der Arbeitskreis Flucht und Asyl Sulzer sucht, die den Flüchtlingen Deutsch beibringen, hat er sich spontan gemeldet. Seit einigen Wochen trifft er sich regelmäßig mit Asylbewerbern und paukt mit ihnen die für sie fremde Sprache. Wobei pauken eigentlich nicht das richtige Wort ist. Jannik Schröer versucht sogenanntes Alltagsdeutsch zu vermitteln. Da wird weniger Wert auf den richtigen Einsatz des Plusquamperfekts gelegt. Vielmehr sollen sich die Flüchtlinge beim Bäcker eigenständig ein Brot kaufen oder auf der Straße nach dem Weg fragen können. Dabei bedient sich Schröer eines Buches mit dem Titel "Deutsch im Alltag", das an seiner Schule in den Flüchtlings-Klassen verwendet wird. Auch das Smartphone ist oft nützlich, wenn er mal einen Gegenstand zeigen will, dessen deutschen Namen seine Schüler lernen sollen. Manchmal behilft man sich mit Englisch.

Seine Schützlinge seien mit Eifer bei der Sache. "Sie saugen alles auf wie ein Schwamm, notieren sich die Wörter und stellen Fragen." Er jedenfalls könne sich an keinen eigenen Schultag erinnern, an dem er so aufmerksam zugehört habe, sagt er schmunzelnd. Manchmal geht sein Engagement sogar über den Unterricht hinaus. Einen jungen Mann, den er unterrichtet, hat er schon mit in die Disco genommen oder im Sommer an den Baggersee. "Damit er auch mal was anderes sieht."

Bei den neuangekommen Flüchtlingen in Glatt wird sich Jannik Schröer ebenfalls engagieren. Er freut sich schon darauf, diese Menschen "von Anfang an" begleiten zu können. Viel Freizeit bleibt dem jungen Mann ansonsten nicht. Er möchte später Wirtschaftsinformatik studieren und erwirbt deshalb jetzt schon online IT-Zertifikate, die ihm nützlich sein können.

Momentan ist er mit seinen Bewerbungen für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) beschäftigt. Das will er dem Studium voran stellen. Und ableisten möchte er es im Ausland – um seinen Horizont noch mehr zu erweitern. u Wer es Jannik Schröer gleichtun und Flüchtlingen Deutsch beibringen möchte, kann sich bei Urs Thiel vom Arbeitskreis Flucht und Asyl unter Telefon 07454/40 67 80 melden.