Südliche Ortenau - Schon wieder zwei Feuer innerhalb von nur fünf Tagen: Müssen sich die Menschen in der südlichen Ortenau damit abfinden, dass regelmäßig Autos brennen? Nein, sagt die Polizei, eine heiße Spur kann sie aber freilich weiterhin nicht vermelden.Pünktlich zum »Jubiläum« scheint der Feuerteufel wieder aufzudrehen. Nach einigen Wochen Pausen ging am Freitag in Kippenheim ein Mercedes in Flammen auf, am Mittwoch ein Wagen selben Fabrikats in Kippenheimweiler. Die Ermittler haben die Fälle Nummer 45 und 46 in den Akten vermerkt.

Ein paar Seiten davor oder dahinter dürfte die Gesamtschadenssumme stehen: mehr als eine halbe Million Euro. In wenigen Tagen jährt sich der Beginn der unheimlichen Brandserie zum zweiten Mal – zum Feiern ist selbstredend niemandem zumute. Im Schnitt brennt seit dem 1. September 2017 zwischen Schwanau und Ettenheim fast jede zweite Woche ein Fahrzeug. Vorausgesetzt es kommt diesen Monat kein weiteres Feuer dazu, lautet die Rechnung: Zwei Jahre mal 365 Tage, geteilt durch 46 Fälle – macht alle 15,9 Tage einen Brand. Tatsächlich sind die Abstände so unregelmäßig wie die betroffenen Kfz unterschiedlich. Das »Portfolio« des Feuerteufels reicht vom Wohnwagen bis zum Transporter, von der alten Kiste bis zur Luxuskarosse. Sie werden auf viel befahrenen Straßen angezündet, in abgelegenen Winkeln und auf freier Fläche. Nichts und niemand scheint vor dem Feuerteufel sicher.

In dieser Beliebigkeit liegt eines der Hauptprobleme der Ermittler, wie Polizeisprecher Wolfgang Kramer erklärt: »Es fehlt offensichtlich jeglicher Täter-Opfer-Bezug.« Oder anders ausgedrückt: Jede Straßenecke ist ein potenzieller Tatort. Und das in einem Gebiet von 40 Quadratkilometern. Weil der Täter meist im Schutz der Nacht kommt und vom Anzünden der Vorderreifen bis zum sichtbaren Brennen des Motorraums »etliche und wertvolle Minuten« (Kramer) vergehen, kann er in selbiger wieder unerkannt verschwinden.Die Polizei – mit der dreiköpfigen Ermittlungsgruppe Mahlberg, benannt nach einem der Schwerpunkte der Brände, an der Spitze – jagt dem Feuer-Phantom weiter mit großem technischen und personellen Aufwand hinterher, versichert Kramer. »Wir schöpfen alle uns zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten aus, um dem oder den Verantwortlichen auf die Spur zu kommen.«

Auch nach bald zwei Jahren weiß die Polizei nicht, ob sie es mit einem Einzeltäter, einer Gruppe und/oder mehreren Trittbrettfahrern zu tun hat. Eine Zahl, die ebenfalls im Dunkeln bleibt, ist die der eingesetzten Beamten, wenn auch aus taktischen Gründen. Kramer: »Ich kann sagen, dass wir nach wie vor vielfältig präsent sind, sowohl mit uniformierten als auch zivilen Streifen.« Personen- und Fahrzeugkontrollen hätten in der Vergangenheit immer wieder zu »gewissen Verdachtsmomenten« geführt, sagt Kramer. Erhärten ließen sie sich nach weiteren Überprüfungen, etwa dem Abgleich von DNA-Spuren, bislang nie.Zwei, drei kleinere Erfolge durfte sich die Polizei im Zuge ihrer Ermittlungen ans Revers heften. Im Oktober vergangenen Jahres überführte sie einen 16-Jährigen, der gestand, in Seelbach einen Linienbus angezündet zu haben. Ein kurz zuvor vor dem Mahlberger Rathaus in Brand gestecktes Auto soll nicht auf das Konto des Feuerteufels gehen, sondern Ergebnis eines eskalierenden Beziehungsstreits gewesen sein.

Auch ein Ende Mai in der Mahlberger Brunnenstraße abgebrannter Wohnwagen haben die Beamten von der Serienliste gestrichen. Das Tatmuster habe nicht mit dem der übrigen Fälle übereingestimmt, sagt Kramer.

150 Hinweise und Spuren abgearbeitet

Dass bei nicht wenigen nach vielen Monaten erfolgloser Ermittlungsarbeit mittlerweile der Furcht Gleichgültigkeit gewichen ist, kann der Polizei nicht gefallen. Statt der angstvollen Frage, ob das eigene Auto vielleicht das nächste ist, gibt es immer öfter ein Achselzucken: Damit müssen wir jetzt wohl leben. Kramer widerspricht entschieden: »Wir nehmen die Fahrzeugbrände sehr ernst und wissen um die Betroffenheit der Bürger in den Gemeinden.« Die Polizei versuche, »die größtmögliche Sicherheit zu bieten«. Mehrfach betont der Sprecher die Rolle, die dabei den Menschen in der Region zugedacht ist: »Wir sind sehr stark auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen und dankbar für jeden Hinweis.«Stand heute haben die Fahnder nach eigenen Angaben etwa 150 Spuren abgearbeitet, »ohne dass sich bislang der entscheidende Impuls daraus ergeben hat«. Aufnahmen einer Überwachungs-kamera, die den Brandstifter in der ersten Tatnacht zeigen sollen, führten ebenso wenig zu einem Ergebnis wie die Beschreibungen eines Augenzeugen, der den Feuerteufel im September 2018 in Kippenheim gesehen haben will, zum Anfertigen eines Phantombilds. Die Interaktion mit der Bevölkerung hat (noch) keine Früchte getragen. Daran vermag bislang auch die Belohnung nichts zu ändern, die Mahlberg, Kippenheim und Ettenheim gemeinsam ausgelobt haben. 5000 Euro versprechen die Kommunen für Hinweise, die zum Ergreifen des Täters führen – und zwar schon seit anderthalb Jahren.

Info: Polizei bittet um Mithilfe

Neuer Ansatz bei der Öffentlichkeitsarbeit: Am Donnerstag versandte die Polizei diesen Flyer (siehe Bild oben) an die Medien. Laut Sprecher Wolfgang Kramer soll das Schreiben auch über die Mitteilungsblätter der betroffenen Gemeinden verbreitet werden.