Geschichte ist ihr Metier: Kreisarchivar Andreas Zekorn (links) und sein Sigmaringer Kollege Edwin Ernst Weber. Foto: Schwarzwälder-Bote

Sigmaringens Kreisarchivar Weber referiert über die 100-jährige Geschichte des Truppenübungsplatzes Heuberg

Stetten a. k. M. / Balingen. Einen Vortrag über die 100-jährige Geschichte des Truppenübungsplatzes und des Lagers Heuberg hat der Sigmaringer Kreisarchivar Edwin Ernst Weber auf Einladung der Heimatkundlichen Vereinigung im Landratsamt in Balingen gehalten. In den ersten beiden Jahren diente das Lager Heuberg als Ausbildungsstätte für das deutsche Heer; im Ersten Weltkrieg war es eines der größten Kriegsgefangenenlager des Landes, ab 1922 Kindererholungsheim, im Jahr 1933 für einige Monate Konzentrationslager, im Zweiten Weltkrieg Kriegsgefangenenlager und Standort des "Bewährungsbataillons 999" und schließlich Kaserne für französische und deutsche Streitkräfte. Der Gemeinde Stetten brachte der Truppenübungsplatz einen wirtschaftlichen Aufschwung, einen gewissen Wohlstand und Bevölkerungsachstum: Die Einwohnerzahl verdoppelte sich.

Im Mittelpunkt von Webers Vortrag stand jedoch die Geschichte des Truppenübungsplatzes während des Ersten Weltkriegs. Die Belegungszahl des Lagers stieg im Verlauf des Krieges ständig an – 1917 waren annähernd 19 000 Mann im Lager und weitere 12 000 in Bürgerquartieren untergebracht. Bei der Enge des Lagers, das für eine Stationierung von maximal 6400 Soldaten ausgelegt war, verwundert es nicht, dass Gewalt und Schlägereien an der Tagesordnung waren. Das Kriegsgefangenlager, vor allem das für russische und französische Mannschaften und Unteroffiziere, entwickelte sich zu einer "Gefangenenstadt" mit medizinischen Einrichtungen, Poststelle, Werkstätten, Fortbildungseinrichtungen und Theater. Seit 1915 wurde ein stetig wachsender Teil der Kriegsgefangenen in Gewerbebetrieben, in der Landwirtschaft und in der Rüstungsproduktion des nahe gelegenen Hüttenwerks Laucherthal eingesetzt. Der "Russenfriedhof" in der Nähe des Lagers legt Zeugnis von den Lebensbedingungen ab, die sich im Lauf des Krieges immer mehr verschlechterten und mehr als 200 der Kriegsgefangene das Leben kosteten.

Nach Ende des Krieges wurde das Lager für einige Monate als Durchgangslager für die Rückführung deutscher Kriegsgefangener genutzt und danach in ein Kindererholungsheim umgewidmet. Erst im Zuge der Aufrüstung des NS-Staates kehrte das Militär zurück ins Lager Heuberg.