Der CDU-Generalsekretär kritisiert rote Neid-Politik und grüne Nein-Sager / "Idee der Volkspartei braucht mehr als einen Anwendungsfall"

Donaueschingen. Superwahljahr, Lieblingsgegner, Bürgerproteste und ein Schlichter zwischen den Generationen. Vor dem Wahlparteitag der Südwest-CDU in Donaueschingen sprachen wir mit Angela Merkels Generalsekretär Hermann Gröhe. Welche Grußformel entbietet die Bundes-CDU an den Landesparteitag nach Baden-Württemberg? Wir unterstützen unsere Freunde in Baden-Württemberg mit ganzer Kraft und Rückenwind aus Berlin. Denn Deutschland tut es gut, wenn Baden-Württemberg auf der Erfolgsspur bleibt! Dank einer CDU-geführten Regierung ist das Land spitze in Bildung, Forschung, Arbeit und Wirtschaft. Diesen Kurs will die CDU fortsetzen, hierfür ist sie mit Ministerpräsident Stefan Mappus an der Spitze bestens aufgestellt. Deutschland startet in ein Superwahljahr mit sieben Landtagswahlen. Befürchten Sie eine Art Hindernislauf mit vielen Stolperfallen für Schwarz-Gelb wie für die CDU? Zunächst einmal geht es um die Zukunft des jeweiligen Bundeslandes. Und hier sagen wir voller Überzeugung: Wo die CDU regiert, geht es den Menschen besser. Denn im Gegensatz zu roter Neid-Politik und grünen Nein-Sagern übernimmt die CDU Verantwortung für eine gute Zukunft unseres Landes. Deshalb ist es unser Ziel, in Regierungsverantwortung zu bleiben oder, wie in Rheinland-Pfalz mit Julia Klöckner, in Regierungsverantwortung zu kommen. Nun bekommt man im Leben nicht immer alles. In welchem Bundesland könnte die CDU eine Niederlage denn am ehesten verschmerzen? Wir setzen bei allen Wahlen auf Sieg, nicht auf Platz. Ein Machtverlust in Baden-Württemberg aber wäre der größte anzunehmende Unfall? Den wird es nicht geben. Die Menschen wissen, dass sie nur mit der CDU an der Spitze die Lokomotivfunktion Baden-Württembergs in Deutschland behalten werden. Lassen Sie mich raten. Ich vermute, in Donaueschingen beim Landesparteitag wird die CDU sich erst mal wieder ihren neuen Lieblingsgegner, die Grünen, zur Brust nehmen. Wenn die Debatten immer häufiger zwischen der Union und Grünen geführt werden, liegt das in erster Linie daran, dass die SPD sich weithin in die Büsche schlägt und auch in der Opposition ein Totalausfall ist. Aber wir haben auch allen Grund, uns inhaltlich mit den Grünen auseinanderzusetzen. Wer sich wie die Grünen in Baden-Württemberg nach außen bürgerlich gibt, eine Koalition mit der Linkspartei aber nicht klar ausschließt, der steht völlig zu Recht in der Kritik. Ist es wirklich klug, alles Porzellan zwischen Schwarz und Grün zu zerschlagen? Zum einen gilt: Wer wie die Grünen gerne austeilt, muss auch einstecken können. Zum anderen geht es hier nicht um sinnlose Streitereien, sondern um eine klare Kante in der Sachauseinandersetzung. Dabei muss der Umgang aber stets menschlich anständig bleiben. Stimmt es eigentlich, dass Sie das Copyright für den auf die Grünen gemünzten Begriff der Dagegen-Partei beanspruchen können? Den größten Beitrag haben die Grünen selbst geliefert. Wenn eine Partei einfach gegen alles ist ? gegen neue Bahnhöfe und Straßen, gegen bezahlbare und saubere Energie, gegen die Olympischen Winterspiele in München und vieles mehr ? serviert sie den Begriff doch auf dem Silbertablett. Eines muss man Ihnen lassen. Seit der Begriff in der Welt ist, stabilisiert sich die CDU in den Umfragen. Unsere Umfragewerte steigen bereits seit dem vergangenen Sommer kontinuierlich an ? vor allem dank einer konsequenten Umsetzung von Regierungsvorhaben, einer klaren Profilierung unserer Partei und einer großen Geschlossenheit innerhalb der CDU. Allerdings: Die Grünen halten ihr Hoch in den Umfragen. Stärkt der Zweikampf am Ende beide Seiten? Die Grünen profitieren vor allem von der Schwäche der SPD. Zudem bin ich fest davon überzeugt, dass das Umfrage-Hoch der Grünen bereits seinen Höhepunkt erreicht hat. Den Niedergang der SPD verfolge ich im Übrigen aber nicht mit Häme, sondern mit großer Sorge. Die Idee der Volkspartei braucht mehr als nur einen Anwendungsfall. Welchen Rat sollte nun Stefan Mappus beherzigen, will er Ministerpräsident in Baden-Württemberg bleiben? Stefan Mappus hat keinerlei Ratschläge nötig. Er verkörpert in beeindruckender Weise das Erfolgskonzept der CDU Baden-Württemberg: klare inhaltliche Orientierung und große Nähe zu den Menschen. Sind die zähen Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition in Berlin um die Hartz-IV-Regelungen ein Vorgeschmack auf künftige Regierungspolitik, wenn die Mehrheiten im Bundesrat fehlen? Der Bundesrat darf von der Opposition nicht als Blockadeinstrument missbraucht werden ? schon gar nicht, wenn dies zu Lasten von Kindern oder Langzeitarbeitslosen geht. Die Regierung ist jederzeit zu sinnvollen Kompromissen bereit, aber auch SPD und Grüne müssen sich bewegen. Es ist gut, dass sich mittlerweile auch die Opposition der Idee Ursula von der Leyens angeschlossen hat, mit ergänzenden Sachleistungen für Kinder deren Bildungschancen in den Mittelpunkt zu rücken. Jetzt geht es um die letzten Details. Wir müssen zu einem ebenso zügigen wie guten Ergebnis kommen. Nochmals Hartz IV: Sehen Sie Spielräume im Blick auf einen Mindestlohn für Zeitarbeit? Die CDU hat sich im November auf ihrem Bundesparteitag in Karlsruhe klar für einen Mindestlohn in der Zeitarbeit ausgesprochen, auch die FDP zeigt sich in diesem Punkt kompromissbereit. Insofern bin ich mir sicher, dass wir hier eine gute Lösung finden werden. Seit Tagen in den Schlagzeilen ist die Bundeswehr: Beschädigen die Affären den Ruf der Truppe? Hat Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg den richtigen Kurs eingeschlagen? Die bekannt gewordenen Einzelfälle sind überaus tragisch und müssen ebenso rasch wie umfassend aufgeklärt werden. Verteidigungsminister zu Guttenberg hat dazu alles Notwendige veranlasst und dabei unsere volle Unterstützung. So wichtig Aufklärung und Konsequenz nun sind, so dringend warne ich aber auch vor einem Generalverdacht gegenüber der Bundeswehr. Unsere Soldatinnen und Soldaten leisten Tag für Tag einen wichtigen und beeindruckenden Dienst für unser Land. Dafür verdienen sie unsere Anerkennung und Unterstützung. Hier in Baden-Württemberg haben unter dem Eindruck der Proteste um Stuttgart 21 und auch der Rheintal-Trasse alle politischen Lager versprochen, stärker auf den Bürger zu hören. Eine anhaltende Veränderung der politischen Kultur? Die lange Verfahrensdauer bei Großprojekten hat häufig dazu geführt, dass Bürgerbeteiligung ein Jahrzehnt vor dem Anrollen der Bagger stattfand. Wir müssen daher überlegen, wie wir die Bevölkerung besser in den Entscheidungsprozess einbeziehen, auch unter Nutzung von modernen Medien wie dem Internet. Es war auch spannend zu sehen, wie die Übertragung der Gespräche unter Leitung von Heiner Geißler die Menschen angezogen hat. Großprojekte können durch frühe Gespräche zwischen allen Beteiligten erleichtert werden. Eine moderne Infrastruktur unserer Industriegesellschaft bleibt dabei eine ganz wichtige Aufgabe. Apropos: Generalsekretäre der CDU werden ? wie wir bei Heiner Geißler gesehen haben ? in ihrem späteren Leben gerne mal Streitschlichter. Welchen Konflikt im Land würden Sie denn als Schlichter beilegen wollen? Bereits als aktiver Generalsekretär möchte ich einen Beitrag dazu leisten, dass wir in einer Gesellschaft, die erfreulicherweise älter, leider aber auch kinderärmer wird, Konflikte zwischen den Generationen vermeiden. Wir sind als Volkspartei in besonderer Weise verpflichtet, ein gutes Miteinander der Generationen zu sichern. u?Die Fragen stellte Hans-Peter Schreijäg.