Vortrag: Hermann Schlenker zeigt Dokumentarfilm mit 40 Jahre alten Filmaufnahmen aus Kamerun

Um Geheimgesellschaften, Sterberituale und Maskentänze ging es beim Vortrag des Dokumentarfilmers Hermann Schlenker im Forum Am Bahnhof. Gezeigt wurden 40 Jahre alte Filmaufnahmen aus Kamerun.

St. Georgen. Schlenker besuchte das Königreich Oku im Grasland Kameruns. Den Kontakt hatte der Völkerkundler Hans-Joachim Koloß hergestellt. So gelangen Aufnahmen von Ritualen und Geheimgesellschaften, die selbst der dortigen Bevölkerung unbekannt waren. König und Geheimgesellschaften fürchteten damals bereits, dass es sie und ihre Rituale bald nicht mehr geben würde und wollten sich deshalb noch einmal präsentieren.

Die Befürchtungen waren wohl nicht ganz unbegründet. Selbst vor 40 Jahren war an der zivilisatorische Einfluss spürbar. Denn ursprünglich war es laut Schlenker nur Maskenträgern erlaubt, Gewänder zu tragen. Die Normalbevölkerung habe früher nur einen Schurz getragen, was in den Aufnahmen aber schon nicht mehr der Fall war.

Einer der größten Geheimbünde nannte sich "Kwifon". Der Öffentlichkeit präsentierte er sich als "unheimliche, übernatürliche Kraft", bildete aber die eigentliche Regierung. Selbst der König sei nicht absolut und allmächtig, sondern von "Kwifon" abhängig, hieß es im Film.

Das Oberhaupt könne bestraft, vertrieben oder gar getötet werden. Die Führungsposition sei vor allem durch soziale Verantwortung geprägt.

Deutlich wurde der starke Glaube an Magie und Hexenwesen. Deshalb gab es Rituale, um diese abzuwehren, in den Geheimbünden aber auch solche, die Mitgliedern Macht über Nichtmitglieder verschaffen sollte.

Geheimgesellschaften auch für Ausführung von Strafen verantwortlich

Weitere Aufnahmen zeigten geheime Kwifon-Gerichte, die über Streitfälle entschieden. Dabei gab es keine Mehrheitsentscheidungen sondern Diskussionen, bis das beste Argument alle überzeugte. In früheren Zeiten waren die Geheimgesellschaften auch für die Ausführung von Strafen verantwortlich.

Auch die Beisetzung der Toten wurde durch Geheimgesellschaften durchgeführt, begleitet von Maskentänzen, die Schlenker ebenfalls auf Film festhielt. Beerdigungen seien wichtige Zeremonien, weil die Vorstellung herrschte, dass Totenseelen ihren Nachkommen gute oder schlechte Schicksale bescheren konnten. Der Umfang der Zeremonie zeigte die Bedeutung des Mitglieds.

Ungewöhnlich, aber durchaus melodisch, war das Spiel mehrerer Männer auf einem überdimensionalen Xylofon, das die Sterbezeremonien begleitete. Das Instrument war aus Holzpflöcken zusammengesetzt, die per Machete "gestimmt" wurden und auf Bananenstämmen lagerten. Für musikalische Begleitung sorgten zudem Rasseln aus Bohnen, die die Tänzer an den Knöcheln trugen.

Die Mitgliedschaft in einer Geheimgesellschaft war nicht billig. So mussten zum Beispiel 80 Hühner abgegeben werden. Auch Salz war immer fester Bestandteil zeremonieller Abgaben. Gezeigt wurde auch die mühselige Anfertigung der aufwendigen Menschen- und Tiermasken.

Lutz Henselmann vom Forum am Bahnhof befragte Schlenker zu vielen Details seiner Reise. Der berichtete von seiner hochmodernen Ausrüstung. Erstmals habe er Ton drahtlos übertragen können. Den Dokumentarfilmer habe es begeistert, die urzeitlichen Bräuche kennenzulernen. Er vermutete, dass Ahnen der Europäer in der Steinzeit Ähnliches praktiziert haben könnten.