Foto: © Konstantin Yuganov – stock-adobe.com Foto: Schwarzwälder-Bote

Zukunft der Kinderarztpraxis ist weiterhin in der Schwebe / Freiburger Ausschuss behandelt Thematik / Rathaus befindet sich im Wartemodus

Die Zukunft der einzigen Kinderarztpraxis in St. Georgen steht in den Sternen. Momentan sind viele Fragen offen, von denen auch die Kassenärztliche Vereinigung nicht alle beantworten kann – oder möchte, denn die hält sich bewusst bedeckt.

St. Georgen. Das Kind bekommt plötzlich Fieber, die Eltern wissen nicht weiter. In solchen Momenten ist normalerweise der Kinderarzt der erste Ansprechpartner. Doch in St. Georgen gibt es derzeit in solchen Fällen schlichtweg ein Problem: Viktor Mil, einziger Kinderarzt in der Bergstadt, hat seine Pforten bereits im Frühsommer auf unbestimmte Zeit geschlossen (wir berichteten).

Stadt mietet Räumlichkeiten

In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats kam das Thema nun wieder auf den Tisch. Bürgermeister Michael Rieger erklärte, man habe am Mittwoch von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KV) "grünes Licht" bekommen, sich bei der Suche nach einem Nachfolger einzubringen. Allerdings, so Rieger am Freitag auf Nachfrage, habe die KV dennoch darum gebeten, die Suche "noch abzuwarten".

Wie Andrea Lauble von der Stabstelle Stadtmarketing erklärte, wolle St. Georgen den Kinderarztsitz unbedingt halten. In Absprache mit der Firma Knupfer habe man deshalb die Räumlichkeiten der Kinderarztpraxis vor einigen Wochen angemietet.

Zuletzt hieß es, Viktor Mil habe seine Zulassung abgegeben. Kai Sonntag, Pressesprecher bei der KV, wollte das am Freitag gegenüber dem Schwarzwälder Boten allerdings nicht bestätigen. Es gebe grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Man könne die Zulassung zurückgeben, dann dürfe man nicht mehr praktizieren. Man könne die Zulassung aber auch ruhen lassen. "Klar ist nur, dass er im Augenblick nicht mehr praktiziert", so Sonntag.

Wenn ein Arzt seinen Praxissitz aufgeben möchte, muss sich dieser an die KV wenden. "Der Praxisinhaber muss eine Ausschreibung beantragen. Wenn sich dann innerhalb dieses Monats niemand bewirbt, wird die Frist verlängert", erklärt Sonntag das Vorgehen. Eine Verlängerung der Frist sei bis zu einem halben Jahr möglich. "Das hängt damit zusammen, dass wir ja hier über eine Praxisnachfolge sprechen. Das Bundessozialgericht sagt, dass nach mehr als sechs Monaten Patienten wohl einen neuen Arzt gesucht haben. Das käme also einer Neugründung gleich."

Ausschuss agiert selbstständig

Fakt ist: Bis zum 30. September war der Arztsitz ausgeschrieben. Da die Frist nun abgelaufen ist, liegt die Akte beim Zulassungsausschuss in Freiburg, einem rechtlich selbstständigen Gremium, das zu gleichen Teilen von Krankenkassen und Ärzteschaft besetzt wird.

Da die Thematik im Ausschuss nichtöffentlich diskutiert wird, gibt es keinerlei gesicherte Informationen über den derzeitigen Stand. "Entweder es hat sich niemand beworben und der Arzt hat die Möglichkeit nicht verlängert oder es hat sich jemand beworben und über diese Bewerbung ist nicht entschieden", fasst Sonntag zusammen. Er stellt aber klar: Wenn der Praxissitz nicht von einem Kollegen übernommen und vor Ort weitergeführt wird, wird dieser aufgrund der Bedarfsplanung (siehe Infokasten) ersatzlos gestrichen.

Im Rathaus ist man nun also im Wartemodus, bislang hat man nichts unternommen. "Wir hätten sonst nächste Woche angefangen zu inserieren", sagte Rieger am Freitag. Ärgerlich sei, dass man so spät von Mils Entscheidung erfahren habe. "Ich habe schon die Erwartung, dass man den Bürgermeister rechtzeitig ins Boot holt. Damit wir als Kommune die Chance haben, uns auf so etwas vorzubereiten und gegebenenfalls unterstützend zur Seite zu stehen." Denn obwohl die Suche nach einem Arzt nicht "die originäre Aufgabe" der Stadtverwaltung sei, wolle man helfen. Bei der Suche nach einer Frauenärztin habe das gemeinsam gut geklappt, so Rieger. "Hier war das eben nicht so."

Die Entscheidung, wie viele Ärzte sich wo niederlassen dürfen, ist laut Kassenärztlicher Vereinigung (KV) in der Bedarfsplanung geregelt. Diese wurde 1993 ins Leben gerufen. Basis für die Berechnung ist das Verhältnis von Einwohnern zu Ärzten. Hintergrund war die Überlegung, dass Patienten öfter eine Praxis aufsuchen, wenn sich mehr Ärzte in der Gegend niederlassen. Mit der Restriktion sollten daher Kosten gespart werden.

Im Schwarzwald-Baar-Kreis sind, Stand Juli, 14 Kinderärzte tätig. Das sind rechnerisch 54 Prozent mehr als die Bedarfsplanung vorsieht. Die Konsequenz: Gibt ein Arzt seine Praxis auf, wird keine neue Zulassung ausgestellt. Nur durch eine Übernahme der Praxisräume kann diese Konsequenz umgangen werden. Im gesamten Bundesland war daher im Juli dieses Jahres lediglich eine freie Kinderarzt-Zulassung zu vergeben.