Sandra Volle von der "Tannenhöhe" in Villingen hält einen interessanten Vortrag. Foto: Kommert Foto: Schwarzwälder-Bote

Frauenfrühstück: Vortrag der Aidlinger Diakonissin Sandra Volle skizziert das Wirken von Corrie Ten Boom

St. Georgen. "Beten heißt, alle Sorgen auf den Herrn zu werfen und mit einem leeren Koffer zu reisen" – mit dieser Kernaussage von Corrie Ten Boom schloss die Aidlinger Diakonisse Sandra Volle ihren Vortrag über die Holländerin, die heute noch für viele Christen ein Vorbild darstellt.

Begrüßt von Monika Kelm, hatten sich rund 70 Frauen jeglichen Alters eingefunden, um die Frau zu hören, die nach Jahren im Mutterhaus in Aidlingen nun im Gästehaus Tannenhöhe am Rande Villingens arbeitet.

"Gefährlicher Mut! Impulse für heute aus dem Leben von Corrie Ten Boom" – unter dieses Motto hatte sie ihren erlebenswerten Vortrag über eine Frau gestellt, die trotz Verfolgung und schweren Monaten im Vernichtungslager Grafenhausen am Ende in der Lage war, zu verzeihen.

"Gottes Hände sind weich, auch wenn seine Wege rau sind", hatte Ten Boom geäußert und am eigenen Leib erlebt. Man könne keine Treppe aus guten Werken bauen, die zur Ewigkeit führe. Der Herr sei von den guten Menschen so weit weg, doch ganz nah an den Sündern, habe sie erkannt, die auch als Vagabundin Gottes bekannt wurde.

Aufgewachsen als jüngstes von vier Kindern eines holländischen Uhrmachermeisters, erlebte sie ihre ersten Lebensjahre im jüdischen Viertel in Amsterdam, was sie sehr geprägt habe, konnte das zunächst schwächliche Kind auf eine fröhliche Familie blicken. Später zog die Familie in das kleine Haus des Großvaters, wo der Vater den Uhrenladen übernahm. Die Bibel war Hauslektüre, in den verschiedensten Sprachen sei sie vorhanden gewesen. Ein Bibelvers wurde dann in den vorhandenen Sprachen vorgelesen. Die kleine Corrie nahm vieles von ihren Geschwistern an und konnte bereits mit fünf Jahren lesen. Später wurde sie die erste Staatlich geprüfte Uhrmacherin Hollands.

Ein Schlüsselerlebnis für Corrie Ten Boom sei es gewesen, als sie ihrem Vater erzählt hatte, dass sie Angst habe, nie stark genug zu sein, um Märtyrer zu werden. Ihr Vater habe eher gleichnishaft geantwortet. "Wenn du in drei Wochen verreisen willst, wann bekommst du von mir das Fahrgeld? Heute oder wenn du es brauchst?" Das habe sie getröstet. Und so kam es, dass sie die Kraft erhielt, als diese von ihr gebraucht wurde.

Denn als Holland von den Nazis überfallen wurde, war das Haus der Familie Zufluchtsort für jüdische Mitbürger. Ein Geheimversteck sorgte dafür, dass die Familie mindestens 800 Juden retten konnte. Als die Familie dann am 28. Februar 1944 verraten wurde, ging es zunächst in ein Gestapo-Gefängnis in Holland, dann weiter über das KZ Vuhgt, wo sie ihre Schwester Betsy wiedertraf, ins Vernichtungslager Grafenhausen in Deutschland. Dort erlebte sie nicht nur ein Wunder: Zunächst konnte sie eine kleine Bibel hineinschmuggeln, dann kamen die Beiden in eine völlig verlauste Unterkunft. Ihre Schwester erklärte zu ihrem Entsetzen, dass man Gott auch für Läuse danken müsse. Die Aufseher mieden diese Baracke aus Angst, ebenfalls zu verlausen. Ständig hatten die Schwestern den Tod vor Augen, der Verbrennungsofen sei fast Tag und Nacht in Betrieb gewesen. Nicht ihr großer Glaube habe ihr geholfen, sondern der Glaube an einen großen Gott. Am Tag vor ihrem Tod, Mitte Dezember, habe ihr die Schwester gesagt, sie werde noch vor Jahresende herauskommen. Und tatsächlich wurde sie am Jahresende "versehentlich" entlassen. Am Tag danach seien alle Frauen ihres Jahrgangs getötet worden.

Nach dem Krieg habe sie ein völlig neues Leben begonnen. In einer Villa, die sie von einer Gönnerin erbte, brachte sie viele KZ-Überlebende unter, desgleichen in einem ehemaligen KZ, das sie zu einem Haus des Friedens ausbaute. Danach besuchte sie in 33 Jahren als Botschafterin Gottes mehr als 60 Länder, bis mehrere Schlaganfälle sie ausbremsten. Am 15. April 1983 verstarb sie an ihrem 91. Geburtstag, was nach jüdischem Glauben ein besonderer Segen ist.