Schon früh werden Sonntagsschulen gegründet, die bei Kindern sehr beliebt sind. Foto: Evangelisch-methodistische Gemeinde

Einladung zu religiösem Vortrag. Evangelisch-methodistische Kirchengemeinde feiert 125-jähriges Bestehen.

St. Georgen - Auf den Tag genau vor 125 Jahren gab die erste Zusammenkunft der heutigen Evangelisch-methodistischen Kirche in der Bergstadt. Am Sonntag, 14. Juni, wird dies beim einem Festgottesdienst in der Taborkirche gewürdigt.

Der frühere Pastor Volker Seybold hat im Buch "100 Jahre Stadterhebung St. Georgen" einen geschichtlichen Rückblick verfasst, der 1991 erschienen ist. Nachfolgend eine Zusammenfassung.

"Die Leser des ›Schwarzwälder‹ in St. Georgen und Umgebung konnten am 29. Mai 1890 eine recht ungewöhnliche Anzeige zur Kenntnis nehmen. Es war eine ›Einladung zu einem religiösen Vortrag am Sonntag, 1. Juni, mittags 2 Uhr in den Gasthof Adler‹. Die Anzeige war aufgegeben worden vom damaligen Prediger der ›Evangelischen Gemeinschaft‹ in Tuttlingen, Carl Berner. Er schrieb später selbst über diese erste Versammlung in St. Georgen: ›Von Tuttlingen und Schwenningen gingen Geschwister mit nach St. Georgen, und auch von Schabenhausen waren welche herbei gekommen; aber siehe da, den Vormittag zuvor hatte der Herr Pfarrer in der Kirche derart vor uns gewarnt und sie abzuhalten gesucht, dass niemand in unsere Versammlung kam als diese, welche von auswärts mitgekommen waren. Wir fingen nun in Gottes Namen an, sangen und beteten, und ich durfte mit großer Freudigkeit den großen, herrlichen Sünderheiland anpreisen. Als wir so in gottesdienstlicher Übung waren, kamen nach und nach eine ganze Anzahl Leute vom Gastzimmer und von der Küche herein, so dass bis zum Schluss der ganze hintere Raum angefüllt war. Alle Anwesenden waren sehr aufmerksam, der gemischte Chor von Schwenningen ließ noch einige Lieder erschallen, und es gab schon während der Predigt stille Tränen. Mir aber war der ganze Gottesdienst das Siegel, dass hier der Herr sein Werk angefangen habe‹.

Nach dieser ersten Versammlung konnte in einem zum Abbruch bestimmten Haus am Marktplatz ein großes Wohnzimmer für regelmäßige Zusammenkünfte angemietet werden. Einfach war diese Anfangszeit allerdings nicht. ›Der Pfarrer predigte gegen uns, der Bürgermeister suchte das Werk mit Gewalt zu hindern, und der Pöbel schlug die Fenster ein‹. So werden die Verhältnisse im ersten Jahr des Aufbruchs geschildert.

Aber schon ein Jahr später konnten in Stockburg, Peterzell und St. Georgen so genannte Sonntagsschulen gegründet werden. Viele Kinder besuchten von Anfang an begeistert diese Gruppen, in denen sie fröhliche Lieder lernten und Geschichten aus der Bibel hörten.

Im Jahre 1895 war das Gemeindeleben schon so vielfältig, dass unbedingt geeignete Räumlichkeiten dafür geschaffen werden mussten. Nachdem die erste Sammlung für einen Kirchenbau schon 1200 Goldmark erbracht hatte (zum Vergleich: vier Pfund ›Schwarzkernenbrot‹ kostete 58 Pfennig), konnte man einen Bauplatz in der Friedrichstraße/Ecke Mühlstraße erwerben. Am 19. November 1896 wurde die neu erbaute Taborkirche eingeweiht.

Im Jahr 1907 kamen bis zu 400 Personen

Es gab einen festlichen Gottesdienst, an dem auch 79 neue Gemeindeglieder aufgenommen wurden. In den Jahren darauf wuchs die Gemeinde weiter. Im Jahr 1907 kamen bis zu 400 Personen in die Versammlungen, so dass man wegen Platzmangel oft ins "Deutsche Haus" ausweichen musste.

Der Erste Weltkrieg ging auch an der Taborgemeinde nicht spurlos vorbei: ›Zehn fromme, hoffnungsvolle Brüder werden der Gemeinde entrissen‹. Im Jahre 1927 wird die Taborkirche zum ersten Mal renoviert. Im Dritten Reich musste der Jugendverein aufgelöst werden. Die jungen Männer mussten zum Arbeits- oder Wehrdienst. Die Gemeinde- und Jugendarbeit konnte unbehelligt weiter gehen, ›wenn sich auch hin und wieder Spuren der neuen Weltanschauung zeigten‹.

Nach dem Krieg kamen bis zu 50 Kinder in die Sonntagsschulen in Peterzell und Stockwald. Immer wieder fanden Gliederaufnahmen statt von Menschen, die ›von außerhalb‹ zur Gemeinde gefunden hatten. Darunter befanden sich viele Arbeiter und kleine Handwerker. Die Taborgemeinde war jetzt in der Stadt akzeptiert, auch die Beziehungen zu den anderen Kirchen wurden immer besser.

Immer wieder ging man auch mit missionarischen Veranstaltungen an die Öffentlichkeit: Vortragsabende, Evangelisationen, Kinder- und Jugendwochen. Beliebt und bekannt wurden die Basare in der Taborkirche. Im Jahre 1968 vereinigte sich die ›Evangelische Gemeinschaft‹ mit der ›Methodistenkirche‹ auf Weltebene und heißt seither ›Evangelisch-methodistische Kirche‹.

Im Zuge der Kirchenvereinigung wurde auch die ökumenische Zusammenarbeit immer besser."