Myrta Stieber feiert heute 90. Geburtstag. Foto: Hübner Foto: Schwarzwälder-Bote

Jubilarin: Myrta Stieber feiert ihren 90. Geburtstag / Vielfältig in Vereinen engagiert

Von Stephan Hübner

St. Georgen. Auf ein bewegtes Leben kann Myrta Stieber, geborene Übelhardt, zurückblicken. Sie wird heute 90 Jahre alt. Zur Welt kam sie in St. Georgen. Die Eltern seien sehr arm gewesen, hätten sie aber mit ganz viel Liebe aufgezogen. "Streng aber lieb" waren Diakonissinnen der von Stieber besuchten Kinderschule.

Nach der "Großschule" besuchte Myrta die Bürgerschule und mit einem speziellen "Schülerzügle" das Gymnasium in Villingen. Ihren Eltern sei sie dankbar, dass diese damals das Schulgeld übernahmen.

Im Dritten Reich sei die Jugend nicht geschont worden. 13-jährige Buben mussten in Frankreich Panzergräben ausheben, Mädchen dort zum Arbeitseinsatz. Die Reise endete damit, dass Tiefflieger den Zug zusammen bombten. Auch die Rückkehr war schwierig. Weitere Arbeitseinsätze folgten, zum Beispiel bei reichen Familien als Hausmagd oder bei Apothekern zum Pillen sortieren. Die schönste Zeit habe sie bei einer Familie mit sieben Kindern gehabt, die in einer großen Scheune lebte und denen sie erst mal etwas Manieren beibringen musste.

Zuhause überstürzten sich die Ereignisse. Die Familie hatte für Freunde im Keller verschweißte Kisten eingelagert. Franzosen durchsuchten den Keller, vermuteten darin Munition und bedrohten die Familie mit Waffen.

Da Myrta Erfahrung als Rotkreuzhelferin hatte, war sie unter anderem in einem Lazarett in Königsfeld tätig und bei einer Schülerspeisung.

Ungewöhnlich ist, wie die Jubilarin ihren Mann kennenlernte. Zu Kriegszeiten waren Mädchen aufgefordert, an unbekannte Soldaten zu schreiben. Sie schickte Briefe auf den Balkan, nach Russland und Afrika. Schließlich schrieb sie Walter Stieber aus dem Sudetenland. Nach eineinhalb Jahren besuchte er die damals 18-jährige Myrta erstmals. Bei Kriegsende musste er flüchten und stand irgendwann mit einem Rucksack vor der Tür. 1948 heirateten die beiden.

1953 wurde Sohn Gerd geboren. 1958 erfüllte sich das Paar mit einem eigenen Elektroladen am Bärenplatz einen Herzenswunsch. Probleme gab es mit dem Vermieter. Durch die Kündigung machte er ein Lebenswerk zunichte, was Walter den Lebensmut raubte. An Diabetes erkrankt erblindete er und starb 1994. Myrta arbeitete acht Jahre in einer Staiger-Zweigstelle auf dem Hardt. Vor acht Jahren zog ihr Sohn wieder ins Haus, und seitdem sei sie bestens versorgt. Dafür sei sie ihm ewig dankbar.

Auch in der Freizeit war Myrta Stieber immer aktiv. Sie war für zwei Wahlperioden im Gemeinderat. Im Tierschutzverein und dem Förderverein Schwarzes Tor engagierte sich, zudem bei der Narrenzunft. Sie hielt als erste Frau bei einer Fastnachtsveranstaltung in der Bergstadt eine Büttenrede. Sie habe immer schon gern Gedichte geschrieben und irgendwann mit Texten aus dem Städtle begonnen. Daraus entstanden zwei Bücher.

Obwohl sie schlecht zu Fuß sei und mit Arthrose kämpfe, fühle sich so weit wohl. "Das Mundwerk läuft noch", scherzt sie. Das sei das wichtigste. Sie schreibe immer noch gelegentlich Gedichte für Hochzeiten oder Geburtstage und wolle gern noch einmal über ihre Zeit in St. Georgen berichten.

Zum Rezept nach einem guten Leben gefragt rät Myrta Stieber, Gutes zu behalten und Schlechtes zu vergessen. Den Geburtstag feiert Myrta im Kreise einiger Freunde und Bekannter.