Der scheidende ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender Foto: dpa

Brender hatte behauptet, beim ZDF gebe es ein "Spitzelsystem" wie ehemals in der DDR.

Hamburg - Die Äußerungen des scheidenden ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender über den Sender und seine Mitarbeiter haben einen offenen Streit mit Intendant Markus Schächter ausgelöst.

Als «in der Sache falsch und in der Form maßlos und inakzeptabel» bezeichnete Schächter die Darstellung Brenders im Nachrichtenmagazin «Der Spiegel», wonach es im ZDF ein «Spitzelsystem» wie in der ehemaligen DDR gebe, in dem «Redakteure den Parteien Senderinterna zutragen». Aus seiner Enttäuschung über die Ablehnung seiner Vertragsverlängerung im ZDF-Verwaltungsrat dürfe Brender nicht die eigenen Redaktionskolleginnen und -kollegen in dieser Weise ohrfeigen und ihre Arbeit mit solchen Verdächtigungen belasten.

«Die ZDF-Redaktionen sind unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Einflüsterungen», sagte der ZDF-Intendant. Wer etwas anderes behaupte, müsse dies belegen und, wenn er wie Brender in den vergangenen zehn Jahren in der Verantwortung stehe, abstellen. «Man kann nicht gegen Diffamierungen zu Felde ziehen, indem man seine eigenen Mitstreiter diffamiert.» Er bedaure sehr, dass sich sein «Geschäftsleitungskollege Brender» wenige Wochen vor seinem Abschied in dieser Weise ins Abseits stelle, indem er seine langjährigen Kolleginnen und Kollegen vor den Kopf stoße. Eine erneute Vertragsverlängerung des 61-jährigen Brenders, der am 1. April von Peter Frey abgelöst wird, war im November von der unionsnahen Mehrheit im ZDF-Verwaltungsrat abgelehnt worden.

Im «Spiegel» sprach Brender von «inoffiziellen Mitarbeitern» der Parteien, «wirklich vergleichbar mit den IM der DDR, die sich die großen Parteien in einem Sender wie dem ZDF halten». Brender meinte, das «IM»-System bemerke man daran, «dass Politiker einen ganz schnell mit vertraulichen Infos konfrontieren, die sie nur von solchen Zuträgern haben können. Da finden Sie ein fein gesponnenes Netz von Abhängigkeiten, aus dem sich Karrierechancen, aber auch Verpflichtungen ableiten lassen». Er sagte weiter: «Ich habe versucht, solche Spione wenigstens von Posten mit echter Verantwortung fernzuhalten.»

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS), Hugo Diederich, auch Mitglied des ZDF-Fernsehrats, hatte Brenders Aussagen bereits am Sonntag als verbale Entgleisung bezeichnet. Das ZDF sei keine kleine DDR. «Es ist unverantwortlich, dass Herr Brender als ZDF-Führungskraft seine Redakteure mit der Geheimpolizei der SED-Diktatur vergleicht», sagte Diederich.

Brender attackierte auch die Landesregierungen und Parteien. «Es gibt Staatskanzleien, die bei den Sendeanstalten ihres Einflussgebiets anrufen und loben oder tadeln - je nach Gefälligkeit der Berichterstattung.» Brender zeigte sich erleichtert, dass es für ihn persönlich jetzt beim ZDF zu Ende geht. «Es fällt eine große Last von mir ab.» Und was seine Zukunft betrifft: In öffentlich-rechtlichen Sendern könne er sich die nicht mehr vorstellen: «Das System hat mit mir abgeschlossen. Das werde ich respektieren.»