Kommt aus Kenia, um in Deutschland jede Menge Rekorde zu brechen: Philip Kiptoo Rutto Foto: Schwarzwälder-Bote

Leichtathletik: Afrikaner Philip Kiptoo Rutto erneut zu Gast in Dietersweiler / Großer Wunsch ist Teilnahme an Adventslauf

Seit Ende September weilt der kenianische Spitzenläufer Philip Kiptoo Rutto wieder in Dietersweiler und Dornstetten, und das bereits zum fünften Mal. Dort bereitet er sich auf diverse Läufe in Deutschland, Frankreich und der Schweiz vor.

Wie in jedem Jahr war auch dieses Mal die Nervosität zu Beginn seines Schwarzwald-Aufenthaltes groß – passt die Form und wie kommt Rutto mit der Klima- und Nahrungsumstellung zurecht? Solche Fragen. Doch bereits beim ersten Rennen auf Ruttos Agenda setzte er ein dickes Ausrufezeichen. 2011 hatte er beim Schönbuchlauf über 25 Kilometer in Hildrizhausen den 20 Jahre alten Streckenrekord auf 1:19.05 Stunden geschraubt. 2012 und 2015 gewann er dort zwar auch überlegen, scheiterte aber immer an seiner Zeit aus 2011.

In diesem Jahr wollte Rutto seinen Rekord endlich knacken. Und das tat er auch. Ging er die erste Hälfte noch etwas kontrolliert an, so zündete Rutto auf den letzten zehn Kilometern ein wahres Feuerwerk und kam nach 1:17.03 Stunden ins Ziel, mehr als zwei Minuten unter seinem eigenen Rekord aus 2011. Damit war für den hageren Farmer aus dem kenianischen Hochland klar, "meine Form war nie besser – ich bin in der Form meines Lebens".

Nur einen Tag nach dem sensationellen Husarenritt setzte Rutto dann sogar noch einen drauf. Die 10 000 Meter-Kreismeisterschaften in Freudenstadt am 3. Oktober wollte Rutto als schnelleren Tempolauf nutzen. Am Ende lief er mit 30.24 Minuten einen neuen Stadionrekord und selbst Lauf-Insider wie der Calwer Günther Krehl gerieten nach diesem Auftakt von Rutto ins Schwärmen.

Geballte Läuferklasse zieht Tempo gehörig an

Vergangenen Sonntag stand für Philip Kiptoo Rutto dann die erste Bewährungsprobe beim Citylauf in Albstadt an. Alljährlich versammelt hier der ehemalige Topläufer Axel Kästle ein kleines aber feines Feld von Topathleten, gespickt mit deutschen Assen, aber auch zahlreiche afrikanische Spitzenläufer finden jedes Jahr den Weg nach Albstadt. In diesem Jahr standen neben Rutto vier weiter Kenianer und zwei Läufer aus Eritrea an der Startlinie, dazu kam mit Martin Sperlich noch einer der besten Läufer über 5000 Meter. Die geballte Klasse an Topleuten schlug von Beginn an ein Wahnsinnstempo an, und mitten drin Rutto, der im gelben Trikot der LG farbtex Nordschwarzwald immer gut in der Spitzengruppe zu erkennen war.

Als dann in der dritten der fünf Runden das Tempo noch einmal verschärft wurde, brach die Spitzengruppe auseinander. Die fünf Kenianischen Läufer sollten nun den Sieg unter sich ausmachen. Rutto ließ zwar eine kleine Lücke zu den ersten drei Athleten, doch hielt er Anschluss. Am Ende blieben für Rutto die Uhren bei 29.42 Minuten stehen. Bei seinem fünften Start in Albstadt war er damit über 30 Sekunden schneller als je zuvor auf diesem Stadtkurs und mit Platz vier fuhr er zudem sein bestes Ergebnis bei diesem Lauf ein.

Als Hauptrennen hat sich Rutto in diesem Jahr aber ein ganz besonderes ausgesucht, den Dresden-Marathon am 23. Oktober Hier will Rutto seine Bestzeit von 2:16.38 h aus Florenz 2011 angreifen und sich erstmals bei einem großen Stadtmarathon in die Siegerlisten eintragen. Nach den Vorleistungen in den letzten Wochen ein durchaus realistisches Ziel. Und zudem würden im Falle eines Sieges 2000 Euro Preisgeld winken, die Rutto gerne in etwas mehr Farmland und in das Schulprojekt seines Vaters investieren würde.

Ruttos Vater Francis Kipruto Cheplaiti war bis zur Rente Lehrer im kenianischen Tambach, rund 400 Kilometer nördlich von Nairobi. Seit seiner Pensionierung betreibt Cheplaiti nun eine eigene Schule für Kinder, deren Eltern nicht die finanziellen Mittel haben, um ihren Nachwuchs auf die teuren staatlichen Schulen zu schicken. Für diese mittellosten Kinder hat Cheplaiti die St.James Tambach Academy gegründet. Unterstützt wird Cheplaiti dabei vor allem von seinen neun Söhnen.

Bei den Ruttos ist Hockey Familiensport

Neben Philip Kiptoo Rutto gibt es aber weitere sehr erfolgreiche Sportler in der Familie. Moses Cheplaiti ist dabei der wohl bekannteste. Der Captain und Top-Torjäger der kenianischen Hockey-Nationalmannschaft ist ein echter Sportheld in Kenia. Zuletzt zierte er wieder die Titelseiten der kenianischen Tageszeitungen, nachdem er am Wochenende mit dem entscheidenden Treffer seine Mannschaft an die Spitze der kenianischen Premier League schoss.

Hockey scheint dabei der Familiensport zu sein, denn ein weiterer Bruder von Rutto, Jonathan Kiprop spielt in der kenianischen Premier League. Noch ein Bruder, Abraham Kiplagat und Rutto selbst starteten ihr Sportkarriere zunächst auch mit Hockey. Doch sowohl Kiplagat als auch Rutto entdeckten ihr Talent fürs Laufen und entschieden ich diesen Weg zu gehen. Abraham ist mittlerweile in den USA und hat dort ein Sportstipendium an der University of Indiana.

Doch für Rutto hat sich in den vergangenen Jahren auch einiges geändert. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Lorraine Kollongei hat Rutto einen Sohn, Leon Lenk Kibet, dessen zweiter Vorname die Freundschaft zwischen Rutto und dem Dornstetter Läufer Christian Lenk zum Ausdruck bringen soll. Leon Lenk Kibet kam am 05.12.2013 zur Welt, dem Todestag des wohl berühmtesten schwarzen Afrikaners Nelson Mandela.

Läufer bleibt noch bis zum 21. Dezember

Um für seine kleine Familie zu sorgen, betreibt Rutto neben seiner Karriere als Läufer eine kleine Farm, auf der er zwei Kühe als Milchvieh beherbergt. Sein Land bewirtschaftet er mit dem Anbau von weißem Mais, welchen er hauptsächlich selbst nutzt, um daraus die kenianische Spezialität Ugali zu kochen, eine Art Maiskuchen, den es beinahe jeden Tag zu essen gibt. Ruttos Lebensgefährtin Lorraine Kollongei ist Lehrerin und arbeitet an einer Schule die von der UN finanziert wird. Während Ruttos Deutschlandaufenthalts sorgt nun sein Vater für dessen Farm und hält regen Kontakt zu seinem "Schwarzwälder Sohn", um über die neuesten Ergebnisse informiert zu sein.

Noch bis zum 21. Dezember wird Rutto in Dietersweiler und Dornstetten gastieren. Bei seinen bisherigen Aufenthalten war Rutto immer Ende November wieder nach Kenia zurückgekehrt. Doch einen besonderen Wunsch hat Rutto sich noch nicht erfüllt – einmal den Adventslauf in Dornstetten mit seinen Trainingskollegen von der LG farbtex Nordschwarzwald und unter den Augen von Trainer Jörg Müller laufen und um den Sieg kämpfen. Der Dornstetter Adventslauf findet in diesem Jahr am 18. Dezember statt. Daher legte Rutto sein Visum und die Flüge genau so, dass er sich mit dem Adventslauf 2016 von seinen Freunden, Trainingspartner und seiner zweiten Heimat dem Schwarzwald verabschieden kann.