Gut geschützt mit Spezialbrillen schauten diese Simmozheimer Schüler gebannt in den wolkenlosen Himmel über Simmozheim. Zu diesem Zeitpunkt war die Bedeckung der Sonne durch den Mond am größten. Fotos (2): Fritsch Foto: Schwarzwälder-Bote

Spannender Unterricht zur partiellen Sonnenfinsternis

Von Marion Selent-Witowski

Simmozheim. So erlebt man Unterricht nicht alle Tage: Während andernorts im Land Schüler in die Röhre schauten, weil ihnen verordnet wurde, die große Pause zum Schutz ihrer Augen im Klassenzimmer zu verbringen, verfolgten die Simmozheimer Grundschüler gestern die partielle Sonnenfinsternis bei komplett wolkenlosem Himmel auf dem Pausenhof.

Was aber nicht heißen soll, dass die Simmozheimer Jungen und Mädchen nicht auf die Gefahren der Sonnenstrahlen für die Augen hingewiesen wurden. Heiko Schuler, Vater eines Grundschülers, hatte die Initiative ergriffen und der Schulleitung angeboten, das seltene Himmelsschauspiel live zu erklären und zu kommentieren. Der studierte Physiker bündelte als erstes mit einer Lupe Sonnenstrahlen auf einem Stück Zeitungspapier, das sofort heiß wurde und zu qualmen begann. Er demonstrierte damit deutlich, welche Kraft und Verletzungsgefahr von dem Licht ausgehen kann.

Außerdem hatte Schuler sein Teleskop mitten im Hof aufgebaut. Mit dem Apparat projizierte er das Geschehen am Himmel auf eine Pappscheibe. Damit war das gefahrlose Beobachten des kosmischen Schauspiels, bei dem Sonne, Mond und Erde auf einer Linie liegen, auch ohne Schutzbrille möglich. "Warum stoßen Sonne und Mond heute nicht zusammen?", wollte der Physiker wissen. Mit einem Frage-Antwort-Spiel verlängerte der Gastlehrer die große Pause zur spannenden Unterrichtsstunde. Ganz einfach: "Die Sonne ist 400 mal weiter weg von der Erde als der Mond". Um 10.37 Uhr wurde es fast mucksmäuschenstill, denn die Bedeckung der Sonne durch den Mond war zu diesem Zeitpunkt am größten. Simmozheim wurde in ein sanftes Dämmerlicht getaucht, die Temperatur sank merklich ab, und der ein oder andere Schüler fröstelte.

Die eigentliche große Pause war längst um, als eine Schülerin sich sorgenvoll an Rektorin Brigitte Hirth wandte: "Muss ich jetzt reingehen?". Die beschwichtigende Antwort kam prompt: "So lange ich hier draußen bin, habt ihr noch Pause". Auch die Schulleiterin ließ sich vom Geschehen am Himmel verzaubern und blickte ein ums andere Mal mit Schutzbrille auf der Nase nach oben. "Da erwacht auch in mir die kindliche Freude wieder", sagte sie lachend. Die Schüler zu bitten, im Klassenzimmer zu bleiben, sei für sie und ihre Kollegen nicht in Frage gekommen: "Wir möchten, dass unsere Schüler solche ungewöhnlichen Dinge mitnehmen und haben ihnen die Gefahren beim Schauen ohne Schutzbrille deutlich klar gemacht".

Die Nachwuchsforscher begaben sich gestern ganz unbewusst auf die Spuren eines berühmten Simmozheimers: Der Astronom, Mathematiker und Physiker Johann Gottlieb Friedrich von Bohnenberger wurde dort 1765 geboren. Er wurde unter anderem bekannt durch die 1795 erschienene "Anleitung zur geographischen Ortsbestimmung vorzüglich vermittelst des Spiegelsextanten". Mit dieser Schrift gelang es Bohnenberger, eine komplizierte Materie anschaulich aufzuarbeiten. Von dem Astronomen werden die Simmozheimer Schüler sicher später einiges erfahren. Um an genau der selben Stelle wie gestern ein annähernd beeindruckendes Erlebnis zu haben, werden die Simmozheimer Jungen und Mädchen Jahrzehnte warten müssen: Die nächste für Beobachter lohnenswerte Sonnenfinsternis in Deutschland wird in 66 Jahren erwartet. Dann werden die heutigen Grundschüler womöglich ihren Enkelkindern von einem spannenden Unterrichtstag berichten können. Einig waren sich die Nachwuchsforscher gestern schon kurz nach dem Ende des Spektakels in einem: So macht Schule doppelt Spaß.