Foto: Thomas Fritsch

69 Gruppen ziehen als bunter Lindwurm zum Festzelt. Dreitägiges Fest mit vielen Höhepunkten.

Simmersfeld - Eine Partynacht mit heißen Rhythmen, fünf Vollblutmusiker aus Südtirol, die es im Festzelt krachen ließen, ein historischer Umzug mit 69 Gruppen: Simmersfeld hat seinen 900. Geburtstag mit einem dreitägigen Fest und vielen Höhepunkten gefeiert.

Der Himmel war wolkenverhangen, als sich am gestrigen Sonntag pünktlich um 14 Uhr der kilometerlange Umzug mit einem Donnerschlag am Ortsausgang in Bewegung setzte. Vorneweg neun Frauen und ein Mann in der Original Simmersfelder Tracht aus dem Jahr 1821 und der ortsansässige Musikverein, dahinter zwei Pferdekutschen mit winkenden Ehrengästen. Laufgruppen, Hand- und Festwägen, Schlitten, Langholzfahrzeuge, sieben Blaskapellen und das Auto mit der Wasserkönigin aus Bad Teinach zogen an den vielen Zuschauern vorbei, jubelnde Jugendfußballer des SV Ettmannsweiler, der "Heuschobba" von Beuren, der Gemischte Chor Simmersfeld und viele mehr. Nach einer Stunden und fünf Minuten tauchten zwei Lastkraftwagen der Boysen-Niederlassung BAK auf, mit einem lachenden Geschäftsführer Rolf Geisel in kurzen Hosen und mit einem Käppi auf dem Kopf.

Immer wieder wurden Süßigkeiten ins Publikum geworfen, Schnaps und Bier ausgeschenkt und Gebäck aus Körben verteilt.

Alles verlief geordnet und fröhlich. Dann aber geriet der Festumzug kurz ins Stocken: Ein Pferd eines Holzrückgespanns scheute und verletzte die Frau am Zügel. Sie musste von Sanitätern des Deutschen Roten Kreuzes behandelt werden.

Die Fans der "Spitzbuam" reisen von weit her an

Immer wieder gingen gestern Nachmittag skeptische Blicke zum Himmel, doch als die ersten Tropfen fielen, war der größte Teil des Festzuges bereits am Ziel angekommen.

Eröffnet wurde das Jubiläumswochenende am Freitagabend im 1000-Mann-Festzelt mit einer Partynacht. Trotz des strömenden Regens erschienen 500 Jugendliche und Junggebliebene, um ausgelassen zu feiern. Die Discjockeys Jan (Hanselmann), Benny (Blaich) und Jonas (Kern) hatten für jeden Geschmack etwas dabei.

Am Samstagvormittag hatte Petrus ein Einsehen, schickte wärmende Sonnenstrahlen vom strahlend blauen Himmel nach Simmersfeld. Vor dem Festzelt warteten gegen Mittag viele Oldtimerfreunde auf das erste Goggomobil, den Porsche 914 und einen restaurierten Alfa-Romeo, der über 30 Jahre auf dem Buckel hat und noch immer unterwegs ist. Die Klassik-Baden hatte bei der Fahrt durch den Schwarzwald aus aktuellem Anlass einen mehrstündigen Halt im 2000-Einwohner-Ort eingelegt. Es dauerte, bis der letzte von insgesamt 65 Oldtimern am Festzelt eintraf. Die historischen und frisch polierten Karossen wurden vorgestellt und von den Zuschauern mit bewundernden Blicken begutachtet.

Gegen Abend füllte sich das Festzelt in Erwartung der "Original Südtiroler Spitzbuam" zusehends. Als Bürgermeister Jochen Stoll im Beisein von Braumeister Hans-Martin Walz und Biersommelier Hartmut Haller den Holzhammer zum (geglückten) Fassanstich schwang und der Gerstensaft in ein Dutzend bereitgestellter Krüge floss, waren sämtliche Tische im Großzelt voll besetzt – mit dabei Männer und Frauen der "Spitzbuam"-Fanclubs aus Gaggenau und Loffenau, die mitgebrachte Fahnen schwenkten - und ein Paar aus St. Goar, das eine 260 Kilometer lange Reise auf sich genommen hatte, um beim volkstümlichen Konzert ihrer fünf Lieblinge live dabei zu sein.

Die Burschen aus Südtirol in Lederhosen und mit strammen Waden machen seit 30 Jahren Musik. In Simmersfeld holten sie "die Sterne vom Himmel", besangen die Schönheit ihrer Berge, wandelten auf den Spuren von Volksrocker Andreas Gabalier und einer "atemlosen" Helene Fischer. Das Bier floss in Strömen, die Schweinshaxe mit Honig-Bier-Marinade und Kraut-Kümmel-Salat fand reißenden Absatz. Es wurde geschunkelt und geklatscht, vor der Bühne getanzt. Viereinhalb Stunden spielte das Quintett nonstopp.

Der gestrige Sonntag wurde im Festzelt mit einem ökumenischen Gottesdienst der evangelischen, neuapostolischen und katholischen Kirche eingeläutet, musikalisch umrahmt vom Posaunenchor Simmersfeld. Viele Besucher blieben zum Mittagessen sitzen – und machten sich dann auf den Weg, um den historischen Festumzug nicht zu verpassen.