Beim Besuch im Rathaus (von links): Bürgermeister Gerhard Müller mit dem Originalbild, Paula Mantei, Mary-Sue Kriefall und Gunter Schön. Foto: Müller Foto: Schwarzwälder-Bote

Genealogie: Zwei Amerikanerinnen auf Spurensuche im Schwarzwald / Stammbaum bis ins Jahr 1603 zurückverfolgt

Wenn der "schöne Fritz" heute noch leben würde, hätte er vielleicht bei Verwandten in Amerika unterkommen können, anstatt auf Raubzug zu gehen. Aber erst sein Neffe war in die Staaten ausgewandert. Nun waren zwei Nachfahren des Auswanderers in Besenfeld.

Seewald-Besenfeld. Genealogie ist ein weit verbreitetes Hobby in den USA. Auch Mary-Sue Kriefall (78) aus dem US-Staat Washington befasst sich seit gut zehn Jahren damit und ist nun auf einen Verwandten mit wenig Glück im Leben gestoßen: den "schönen Fritz", der als Räuber bekannt wurde und im Gefängnis an Auszehrung starb.

Auf ihrer zweiwöchigen Reise zu ihren Wurzeln im Schwarzwald kam Mary-Sue Kriefall mit ihrer Tochter Paula Mantei (56) auch nach Besenfeld, wo Bürgermeister Gerhard Müller den beiden das Originalbild vom "schönen Fritz" zeigte.

Begleitet wurden die beiden Amerikanerinnen von Gunter und Marianne Schön. Gunter Schön hatte vor einigen Jahren zum "schönen Fritz" geforscht und auch angeregt, dass die Gemeinde Seewald das Bild kauft. Bis ins Jahr 1603 hat Mary-Sue Kriefall ihre Abstammungslinie zurückverfolgt. Die Spur führte nach Besenfeld, Röt, Göttelfingen und auch Klosterreichenbach, wo ihre Vorfahren als sogenannte Gastmeister fungierten.

Neffe wandert nach Michigan aus

Nach einem missglückten Versuch der eigentlich wohlhabenden Vorfahren, nach Russland auszuwandern, kamen sie wieder in den Schwarzwald zurück. Zu einer Zeit, als in Europa Krieg und Hunger herrschten, was eben auch dem "schönen Fritz" zum Verhängnis wurde.

Dessen Neffe wanderte schließlich nach Amerika aus. In den Bundesstaat Michigan, wohin auch viele weitere Emigranten aus der Region zogen. Mittlerweile leben Mary-Sue Kriefall und Paula Mantei im Bundesstaat Washington, einer Gegend mit vielen Bergen, viel Wald und viel Regen – eigentlich ähnlich wie der Schwarzwald, findet Mary-Sue Kriefall, die beim Flugzeughersteller Boeing als Auditorin darauf achtete, dass im Konzern Gesetze und Unternehmensregeln beachtet werden. Nur die Bäume seien in Washington höher.

"Sie mag es, mit einem Räuber verwandt zu sein", sagt Tochter Paula Mantei über ihre Mutter. Und dann gab es noch eine Englisch-Lehrstunde: Anders als bei Frauen werde bei Männern "schön" nicht mit "beautiful" sondern mit "handsome" übersetzt, erläuterten die beiden.

Anfangs keine Begeisterung

Dennoch ist Mary-Sue Kriefall überrascht, dass ausgerechnet einem Räuber so viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Ob er als eine Art Robin Hood gesehen werde, wolllte sie wissen. Immerhin sei extra das Bild von ihm gekauft worden, es gibt ein Buch und ein Theaterstück über ihn und sogar eine Fasnachtsfigur ist nach ihm benannt. Nein, beschied Gerhard Müller, aber man habe Mitgefühl mit dem "schönen Fritz" und seinem Schicksal. Als er mit seinen Nachforschungen angefangen habe, wollten die Leute anfangs nichts mit dem "schönen Fritz" zu tun haben, erzählt Gunter Schön. Mögliche Verwandtschaftsverhätnisse sollten nicht ans Licht kommen. Mittlerweile sei das aber anders, alle wollten auf einmal mit dem Räuber verwandt sein, was nicht zuletzt auch an dem Theaterstück über ihn gelegen habe.

Mary-Sue Kriefall und Paula Mantei kommen bei ihrem Besuch auch in Igelsberg unter – bei weit entfernten Verwandten, wie sie festgestellt haben.

Der "schöne Fritz", mit bürgerlichem Namen Michael Friedrich Ludwig Klumpp, wurde 1790 geboren. Seine Eltern ließen ihn schreiben und lesen lernen. Später machte er eine Bäckerlehre. Klumpp schloss sich 1809 als Proviantbäcker dem französischen Militär an. Nach Ende des Österreich-Feldzugs fand er nicht mehr in ein geregeltes Leben zurück. In Europa herrschte Hungersnot. Klumpp schloss sich der Räuberbande von Xaver Hohenleitner an, der "schwarzer Veri" genannt wurde.

Bis 1819 trieb die Bande ihr Unwesen, überfiel Bauernhäuser und erbeutete unter anderem Nahrungsmittel und Kleidung, dann wurde sie geschnappt und nach Biberach gebracht. Nach einem Gefängnisaufstand wurde Friedrich Klumpp nach Hohenasperg verlegt. Der "schöne Fritz" wurde zu 20 Jahren Zuchthaus und Stockhieben verurteilt. Klumpp starb im Mai 1827 in der Strafanstalt Gotteszell an Auszehrung.