Alexander Gary ist der Meister vom Stuhl der Loge "Zukunft an den Quellen der Donau" im Orient Villingen-Schwenningen. Foto: Schück

Alexander Gary als "Meister vom Stuhl" bestätigt. Tempeltreffen an geheimen Orten. Nicht alle Mitglieder wollen erkennbar sein.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Es ist ein feierliches Ritual, dessen innere Zusammenhänge "sich oft der strengen Logik entziehen", wie es in einer internen Schrift heißt: Einmal im Monat treffen sich die 43 Mitglieder der Freimaurer der Region, gekleidet in dunkle Anzüge oder gar im Smoking im imaginären "Tempel".

Ein Raum wird mit Kerzenlicht erleuchtet, antiken Säulen und einem Teppich, dessen Symbole seit drei Jahrhunderten gleich sind, ausgestattet, dann beginnt das Ritual. Es sei, so Alexander Gary, keine religiöse Zeremonie, aber dennoch ein "gruppendynamischer Prozess", in dessen Mittelpunkt das Motto "To make good man better" steht.

Verschworene wie die "Illuminati" sind sie nicht

Der 29-Jährige aus Villingen-Schwenningen ist gerade erneut zum Vorsitzenden der Loge, das heißt zum "Meister vom Stuhl" gewählt worden. Er bekennt sich offen zur Freimaurerei als Lebensstil. Doch nicht alle der 43 Mitglieder wollen als Freimaurer erkennbar sein. "Das ist Privatsache", erklärt Gary. Dennoch, Verschworene wie gar die "Illuminati", die man vom Film kennt, seien sie nicht. Und auch kein Netzwerk zum gegenseitigen Zuschanzen von Aufträgen. "Bei uns treffen sich Menschen, die sich im bürgerlichen Leben nie begegnen würden, nicht nur Unternehmer und gut verdienende Freiberufler", schildert Gary, der selbst allerdings Sohn eines Unternehmers ist und in dessen Firma in Schwenningen bereits eine leitende Funktion hat. Er war lange Vorsitzender der Jungen Union im Kreis, ist nun stellvertretender Vorsitzender der CDU Villingen. Doch Parteipolitik zählt bei der Loge nicht.

Betriebswirt Gary ist seit acht Jahren bei den Freimaurern. Seine Faszination begann, als er Thomas Mann las. Im "Zauberberg" gibt es den italienischen Intellektuellen Settembrini, der Vernunft, Aufklärung, Arbeit und Gesundheit vertritt und zu den Freimaurern gehört. "Damals wurde ich aufmerksam und habe nach einer Loge gesucht", erzählt Gary. In der 1980 gegründeten Freimaurerloge der Region fand er einen relativ jungen Verein. Traditionelle Freimaurerlogen, beispielsweise in Freiburg und Konstanz, sind wesentlich älter und haben eigene Versammlungsgebäude. Die Freimaurer VS mit Mitgliedern aus den Kreisen Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar treffen sich zu "Gästeabenden" und "Brüderlichen Zusammenkünften" in der Neuen Tonhalle. Die Tempeltreffen finden an einem geheimen Ort statt und sind nur für Mitglieder offen. Das gemeinsame Mahl, die Tafelloge mit besonderen Logengläsern und Trinksprüchen, schließt sich an rituelle Zusammenkünfte an. Alexander Gary wurde vor zehn Jahren zu einem "Gästeabend" der Freimaurer eingeladen, nachdem die "Brüder" ihn unter die Lupe genommen und untersucht hatten, ob der 19-Jährige in die Loge passen würde. Anschließend bekam er dann noch zu Hause Besuch von zwei "Brüdern". "Bei künftigen Mitgliedern schauen wir dann, wie das persönliche Umfeld ist, denn die Lebenspartner oder Familie sollten die Mitgliedschaft ebenfalls unterstützen", erzählt Alexander Gary. Engagement ist gewünscht, die Mitglieder sollen sich einbringen.

Bekenntnis zu Idealismus und Toleranz

"Freimaurerei ist ein Lebensstil, der sich an den Werten der Aufklärung orientiert", erzählt der Vorsitzende. Das bedeutet, ein Bekenntnis zum friedvollen Miteinander, zu Toleranz und Idealismus, eben zum Wahren, Schönen, Guten. "Für das Denken der Freimaurer kennzeichnend ist die ›Ringparabel‹ von Lessing", erzählt Gary. Alle Weltreligionen, wie Christentum, Judentum und Islam sind ebenbürtig, es gibt nur einen "großen Baumeister aller Welten". "Die Konfession spielt keine Rolle", erklärt Gary.

Die Geschichte der Freimaurer reicht weit zurück. Steinmetze gründeten die Logen, nachdem die großen Kathedralen und Kirchen gebaut waren im Zeitalter der Aufklärung. Die erste Großlogengründung wird auf das Jahr 1717 in London datiert. Die nur Mitgliedern bekannten Symbole und Bräuche haben sich bis heute erhalten und kommen aus der Welt des Bauens. Werkzeuge, wie die Winkelwaage und das Senkblei sowie der Zirkel werden in das Geistige, Ethische und Moralische übertragen. Und magische Zahlen wie 3,5 und 7, deren Bedeutung wohl noch aus der Antike komme. Alexander Gary deutet auf einen massiven Silberring an seiner linken Hand. Er zeigt Ornamente und Symbole der Freimaurer. Ähnliches, so erzählt der "Meister vom Stuhl" finde sich zwar im Internet. "Aber dieser Ring nicht."

Als wesentliche Abgrenzung zu Service-Clubs wie Lions oder Rotarier sieht er unter anderem, dass Geld sammeln für soziale Zwecke nicht im Mittelpunkt steht: "Freimaurerei ist die Idee des sinnvollen Bauens und Gestaltens von Zeit und Raum."

Viele wollen Mitglieder werden

Neben Lessing waren auch Wolfgang Amadeus Mozart , Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller Freimaurer. In der Mozart-Oper "Zauberflöte" lassen sich Einflüsse erkennen In Anlehnung an die Welt des Bauens gliedert sich die Freimaurerei in drei Grade: Lehrling, Geselle und Meister. Die Prüfung nehmen der "Meister vom Stuhl und seine Stellvertreter Matthias Fleig und Hubert Schneider ab. "Es ist nur eine symbolische Prüfung", schränkt Gary, der sich selbst als "der biologisch Jüngste in unserer Loge" bezeichnet, ein.

Traditionell sind die Freimaurer ein reiner Männerverein, obwohl es inzwischen auch Frauenclubs gibt. Über die Aufnahme eines Mitgliedes entscheiden alle demokratisch nach mehreren Gästeabenden, zu denen der Interessent eingeladen wird.

Momentan gebe es viele, die Mitglieder werden wollten, erzählt der Vorsitzende. "Wir haben alle Hände voll zu tun", berichtet Gary. Mittelfristig sieht er die Zahl der Mitglieder in der Region auf 50 bis 60 wachsen.

Weitere Informationen:

www.freimaurer-vs.de