Die Geschäftsführer und Gesellschafter eines Schramberger Unternehmens müssen sich derzeit vor dem Amtsgericht Rottweil verantworten. Foto: Nädele

Bauunternehmer vor Gericht. Ganze Latte von Vorwürfen. Bewährungsstrafe und Geldbuße möglich.

Schramberg - Die öffentliche Hauptverhandlung gegen die beiden Geschäftsführer und Gesellschafter eines bekannten Schramberger Bauunternehmens nahm beim ersten Verhandlungstag vor dem Amtsgericht Rottweil am Dienstag eine überraschende Wendung.

Als Staatsanwalt Frank Grundke kurz nach 9 Uhr die umfangreiche Anklage verlas, stieg der Stresspegel deutlich bei den beiden Angeklagten, zwei Brüdern, und auch bei den beiden Verteidigern: Die Vorwürfe der Insolvenzverschleppung, des vorsätzlichen Bankrotts, der Untreue und der Steuerhinterziehung sechsstelliger Summen wogen schwer. Hohe Strafen drohten, gelänge der Staatswaltschaft die Beweisführung.

Doch vor der Beweisaufnahme brachte Richter Matthias Krausbeck das seit 2009 geltende "Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren" zur Anwendung. Mit den beiden Schöffen, dem Staatsanwalt und den Anwälten wurde im Beratungszimmer hinter verschlossenen Türen ein "Verständigungsgespräch" geführt, um die Folgen einer Verurteilung zwischen den Beteiligten abzustimmen: Ein Geständnis des Angeklagten reduziert erheblich den Prozessaufwand für das Gericht, der Angeklagte weiß mit einer gewissen Sicherheit, was auf ihn zukommt und sein Geständnis wirkt zudem strafmildernd. Rechtsbeistände der beiden Brüder waren die auf Wirtschaftsstrafsachen spezialisierten Rechtsanwälte Gerson Trüg und Jörg Habetha aus Freiburg.

Bruder muss mit Freiheitsstrafe rechnen

Um 14 Uhr, nach langer Geduldsprobe für die wartenden Angeklagten und Zuschauer im Gerichtssaal, war es dann soweit: Richter Krausbeck verkündete das Ergebnis des Gesprächs: Der eine der beiden Bauunternehmer kommt mit einem blauen Auge davon. Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße von 5000 Euro an die Staatskasse. Damit ist er auch nicht vorbestraft.

Seinen Bruder trifft es härter: Er muss mit einer Freiheitsstrafe rechnen, die zwischen einem Jahr und einem Jahr und fünf Monate liegen wird, auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Von den Vorwürfen werden voraussichtlich nur noch die Insolvenzverschleppung und der vorsätzlich Bankrott zum Tragen kommen. Vorausgesetzt, er legt am 27. November, dem möglicherweise letzten Verhandlungstag tatsächlich sein jetzt angekündigtes Geständnis ab.

Sein Bruder muss nicht mehr vor Gericht erscheinen. Er konnte den Gerichtssaal sofort verlassen, nachdem die Angeklagten, die Verteidiger und der Staatsanwalt der Absprache zustimmten. Und Richter Krausbeck konnte in die Beweisaufnahme eintreten und als erstes für das Protokoll eine lange Liste von Zeugen aufzählen, die jetzt nicht mehr vor Gericht aussagen müssen.