Mit dem gebürtigen Rottweiler Künstler Tobias Kammerer (rechts) ist Förderkreis-Vorsitzender Lorenz Roming (links) ein guter Griff für die Sonderausstellung in der alten St. Laurentiuskirche gelungen. Das freut auch Pfarrer Eberhard Eisele (von rechts), Kreisarchivar Bernhard Rüth und Kunsthistorikerin Iris Nestler, die das Buch Kammerers vorstellte. Foto: Herzog Foto: Schwarzwälder-Bote

Buchpräsentation in der Kirchenausstellung

Schramberg-Sulgen (lh). Stürzende menschliche Körper, Grimassen schneidende, mit sich und ihrem Gegenüber ringende, gestikulierende Gestalten, die sprichwörtlich aus dem Rahmen fallen. Beengende Räume im statischen Ungleichgewicht.

Spannend wie treffend beschrieb Kunsthistorikerin Iris Nestler die Figuren auf den Bildern des Rottweiler Künstlers Tobias Kammerer zu dessen Buchvorstellung "Sichtweisen des Magisch-Surrealen – Das Wiener Frühwerk von Tobias Kammerer mit Parallelen zum Werk von Albert Birkle". Diese fand im Anschluss an die Vernissage zur Sonderausstellung "Kammerer trifft Birkle" in der alten St. Laurentiuskirche Sulgen statt (wir berichteten).

Das Frühwerk bedeute für Kammerer nach kontinuierlichem Nachvorne erstmals einen Rückblick auf die Grundlagen und den Ausgangspunkt. Damit stelle dieses Buch weit mehr als einen Ausstellungskatalog dar. Es sei für Kammerer ein umfassendes, nicht erschöpfendes Verarbeitern und Abarbeiten seines kontrastreichen Schaffens, um gedanklich für neue Experimente frei zu sein.

Während den Studienjahren in Wien habe sich Kammerer sein Handwerkszeug angeeignet. Kombiniert mit der ihm bereits zuvor bekannten Modernität Birkles, habe er sukzessive eine neue Stilistik entwickelt. Verschiedene Themenbereiche würden in seinem Buch beleuchtet. Zunächst seien die frühen Öl- und Acrylbildern im Fokus gestanden. Ein Paradebeispiel sei das Bild "Der Bauernkrieg" auf dem Cover. Dabei handele sich zunächst um ein Schachspiel, auf dem sich die Figuren Stück für Stück in reale Gestalten verwandeln. Spieler lassen ihre Masken fallen und unter wildem Gestikulieren nehme das Chaos seinen Lauf. Zwischen Spielern und Figuren scheine der Unterschied aufgehoben wie im richtigen Leben, schilderte Nestler.

Ein kleiner Exkurs in die allgemeine Historie der Wandmalerei mit Blütezeit und Niedergang leite über in die Besprechung der monumentalen Arbeiten Birkles. Mit dem Wunsch, diese Werke in sein Buch mit aufzunehmen, trage Kammerer in vorbildlichster Weise zu einem gebührlichen Umgang mit Kunst- und Kulturgut und deren Vermittlung bei. Allein die Erhaltung Birkles Malereien während nationalsozialistischer Herrschaft sei ein Wunder und mache diese umso wertvoller, hob die Kunsthistorikerin hervor. Die Wandmalerei stelle seit Jahren wie gegenwärtig im Lebenswerk Kammerers einen umfangreichen Stellenwert dar.

Das Buch schließe mit Künstlerviten, wertvollen Informationen zu weiterführender Literatur und der kurzen Vorstellung der fünf Autoren. Wenn das fertige Produkt in Händen gehalten werde, sei das für die Beteiligten immer ein spannender Moment, verriet Nestler. Kammerer sagte, er habe bereits mit 17 Jahren auf der Straße gestanden. Von der Kunst zu leben, sei ihm bis heute gelungen. Da er gewöhnlich in großen Museen ausstelle, habe er sich schon ein wenig gewundert, dass Förderkreis-Vorsitzender Lorenz Roming auf ihn zugekommen sei. Als er aber mit ihm in dieser Kirche gestanden habe, sei es für ihn keine Frage mehr gewesen, hier seine Bilder auszustellen, versicherte Kammerer.