Bestsellerautoren referieren zur Finanz- und Eurokrise im Schramberger Schloss-Foyer / Vielfältige Thesen zum Finanzsystem

Schramberg. Marc Friedrich und Matthias Weik haben mit "Der größte Raubzug der Geschichte" und "Der Crash ist die Lösung" zwei Bestseller zur Finanz- und Eurokrise geschrieben. Am 17. März werden sie in Schramberg bei der VHS ab 20 Uhr im Schloss-Foyer ihre Thesen zum Finanzsystem vortragen und aus ihrer Sicht sichere Anlageformen für Privatinvestoren aufzeigen.

Wie finden Sie die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zur Finanz- und Eurokrise?

Herr Friedrich und ich sind beide überzeugte Demokraten und Europäer. Was wir aber zu Zeit erleben, dient weder der Demokratie noch Europa. Wir machen gerade all das kaputt, was unsere Großeltern, unsere Eltern und auch ein Stück weit wir selbst aufgebaut haben. Sorgen macht uns, dass Extremisten jeder Couleur auf dem Vormarsch sind. Wir haben in Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland, Portugal horrende Arbeitslosenzahlen, die Industrieproduktion liegt am Boden. Den Ländern geht es schlechter als vor der Einführung des Euros. Der Euro zerstört Europa anstatt es zu einen. Trotzdem halten wir an einem Währungsexperiment fest, was bereits gescheitert ist. 

Welche Konsequenzen hat es, dass die Produktivität der Unternehmen, Renten-und Sozialsysteme in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten so unterschiedlich sind?

Es ist volkswirtschaftlich unmöglich, wirtschaftlich unterschiedlich starke Länder wie Deutschland auf der einen Seite und Spanien, Griechenland, Portugal auf der anderen Seite in ein Währungs- und Zinskorsett zu zwängen. Wir haben jetzt alle gesehen, dass dies nicht funktioniert. Für Deutschland ist der Euro viel zu schwach, für die Südländer viel zu stark. Früher konnten die Südländer die Währung abwerten, um wettbewerbsfähig zu werden. Die zweite Möglichkeit, die wir auch haben, wäre, die Löhne abzuwerten. Auch das hat nicht funktioniert. 

Entweder Deutschland verlässt den Euro oder bleibt und zahlt?

Genau. Wir haben in der Theorie gedacht, man beschränkt die Löhne, alles wird billiger, es wird mehr gekauft. Das Gegenteil ist eingetreten: Wir haben in der EU eine Rekordarbeitslosigkeit, obwohl wir die Löhne nach unten gedrückt haben. 

Warum glauben sie, fahren Merkel und Schäuble diesen Kurs?

Die Politiker sagen ja immer: Wir profitieren von dem Euro. Die Frage ist: Wer ist "wir"? Exportorientierte Unternehmen profitieren und die Vermögen der Superreichen sind exorbitant angestiegen. Der normale Bürger hat weniger in der Tasche. Aber wer sägt den Ast ab, auf dem er sitzt? Welcher Politiker wird gewählt, wenn er sagt: Leute, es kommen harte Zeiten auf uns zu, wir werden alle abgeben müssen. Das ist einfach menschlich. Und wir werden alle abgeben müssen. Wir verlangen jetzt von den Griechen und auch von den Spaniern, Italienern und Franzosen, dass sie ihre Schulden bezahlen. Beispielweise Griechenland soll seine Schulden bezahlen bei einer Industrieproduktion wie vor dreißig Jahren und bei einer Rekordarbeitslosigkeit. Doch nicht mal wir Deutsche als Exportweltmeister und mit Rekordsteuereinnahmen schaffen es, unsere Schulden auszugleichen. Wie bitte sollen es dann die Griechen schaffen? Das Geld, das wir nach Griechenland geschickt haben, das ist verloren, das muss doch jedem klar sein.

Wo ist das Geld dann hin?

Geld ist niemals weg, das hat nur jemand anders. Nicht wir haben die Griechen, Spanier, Portugiesen, Iren gerettet, sondern die haben unsere Banken gerettet. Von den Rettungsgeldern ist nur ein Bruchteil dorthin geflossen, das meiste ging direkt an die Gläubiger, die Banken. Hätten die damals nicht gezahlt, wäre in Deutschland oder Frankreich der eine oder andere Bankenturm umgefallen. Wenn ich als Mittelständler eine Maschine exportiere und der Kunde zahlt nicht, habe ich ein Problem. Wenn ich aber als Bank jemanden was leihe und es funktioniert nicht, haftet dafür der Steuerzahler. Wenn wir jetzt Griechenland pleite gehen lassen, haftet der Steuerzahler, nicht mehr wie davor die Banken, da die griechischen Schulden mittlerweile fast alle bei der öffentlichen Hand liegen. Wir haben Gewinne privatisiert, Verluste sozialisiert, und das noch auf völlig undemokratischem Weg. 

Brauchen wir also ein anderes Wirtschaftssystem?

Es wird ja immer auf dem bösen Kapitalismus herumgehackt. Aber haben wir wirklich noch Kapitalismus? Ist es noch Kapitalismus, wenn Banken oder Unternehmen verstaatlicht werden, Aktionäre enteignet werden und die Notenbanken und die EZB kontinuierlich in die Märkte eingreifen? Irland zum Beispiel hat all seine Banken verstaatlicht, das ist Planwirtschaft, die wie wir wissen, noch nie funktioniert hat. Es ist seltsam, dass der Kapitalismus wie im Kommunismus verstaatlicht, um den Kapitalismus zu retten. Jetzt zahlt jeder Bürger jeden Tag die Zeche. Wie soll denn ein junger Mensch noch Altersvorsorge betreiben in Zeiten der Niedrigzinsphasen? Momentan werden die älteren Menschen ihres Ersparten beraubt, den Jungen wird es unmöglich gemacht, fürs Alter vorzusorgen ohne erhebliches Verlustrisiko. Seit 2008 haben die Politiker einen guten Job gemacht und die Kuh mehrmals vom Eis gezogen. Doch seit 2008 ist die globale Verschuldung um 100 Prozent auf 200 Billionen Dollar gestiegen. Wir haben die Schulden mit Schulden bezahlt. Wir haben nur Zeit erkauft. Was wir zurzeit machen, ist volkswirtschaftliche Schadenmaximierung. Wir legen die Fallhöhe immer höher. 

In Ihren Büchern sagen Sie zu eine möglichen Crash: Totalverlust vermeiden, 60 bis 70 Prozent retten ist schon ein gutes Ziel. Mit welcher Strategie? Immobilien kaufen?

Ist es nicht vollkommen absurd, dass nach dem großen Immobiliencrash in den USA, Irland und Spanien sich der Deutsche jetzt oft vollkommen überteuerte Immobilien auf Pump kauft, die er sich eigentlich gar nicht leisten kann? Das oberste Gebot ist: Keine Schulden machen. Wer Schulden hat, ist nicht mehr frei. Nehmen wir zum Beispiel an, der Euro crasht. Sie haben 100 Euro auf dem Sparbuch, und dann kommt eine neue Währung, sagen wir der ECU. Dann werden aus 100 Euro Guthaben zehn ECU. Aber aus 100 Euro Schulden werden vielleicht dann 20 oder 25 ECU. Dann hat man ein Riesenproblem. Junge Leute sollten sich also vom billigen Geld nicht verführen lassen. Außerdem: Die Wohnung oder das Haus gehört einem erst dann, wenn man den letzten Cent zurückgezahlt hat. Davor gehört es der Bank. In USA und Spanien haben die Leute das ganz schnell gelernt. 

Wie sollte man dann vorsorgen? 

Nicht mehr als ein Drittel des Geldes in eine Anlageklasse. Denn irgendwann wird Herr Schäuble mit einer Immobilienabgabe kommen, das verspreche ich Ihnen. Haben Sie dann nur ein Drittel Ihres Geldes in Immobilien angelegt, dann tut Ihnen das weh, aber Sie können es bezahlen. Wenn Ihr gesamtes Geld nur in Immobilien steckt, dann haben Sie ein Problem. Von Aktien halte ich zurzeit nichts. Inflationär aufgepumpte Märkte, die von Notenbanken manipuliert werden, da kann ich als Normalbürger zumeist nur verlieren. 

Worum wird es in Zukunft denn dann gehen?

Was haben wir denn hier? Fruchtbares Land und Wasser. Das wird weltweit immer weniger bei immer mehr Menschen. In Zukunft werden wir uns genau darum die Köpfe einschlagen. Öl kann man nicht Essen, Aktien und Lebensversicherungen auch nicht.

Der Crash kommt also, die Frage ist wann fällt das Schwert?

2017 zum Beispiel wird es spannend. Nicht nur die Zahlen, über die wir jetzt geredet haben, auch der Faktor Mensch ist wichtig. In Frankreich geht es immer weiter bergab. Wenn sich bis 2017 daran nichts ändert, ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass Marine le Pen die Wahl gewinnt. Wenn sie ihre Warnung wahrmacht und aus dem Euro austritt, dann haben wir alle am Montag darauf kein Geld mehr. Das muss jedem klar sein.  

Würde Deutschland zur D-Mark zurückkehren, wäre das eine harte Rosskur. Aber würde uns das nicht auch fitter machen für den globalen Wettbewerb mit Ostasien, mit China?

Ich hoffe das, weil ich ein optimistischer Mensch bin. Wir haben aber bei der Pleite der "nur" viertgrößten Investmentbank Lehman gesehen: Plötzlich standen die Bänder und Räder auf der ganzen Welt still. Wenn der Euro kippt, werden auch alle anderen Währungen zerschlagen. Dann wird es einen globalen Reset geben. Unsere Hoffnung ist, dass wir dann daraus lernen, und einmal ein positives Finanzsystem implementieren, das nicht nur fünf Prozent, sondern allen Menschen dient. Aber es würden natürlich harte Jahre kommen für alle. Irgendjemand muss ja die Zeche bezahlen. Jeden Tag, den wir es in die Zukunft verschieben, wird es teurer.

Und das Schlimme ist: Jeder Unternehmer, jeder Mensch hat einen Plan B für Krisen, nichts ist alternativlos. Doch weder bei der EZB noch in der Politik existiert offensichtlich ein Plan B.

Die Fragen stellte Johannes Fritsche