Carsten Kohlmann berichtete über die Sulgener Geschichte, vor allem über die Zeit der Zwangseingemeindung nach Schramberg vor 75 Jahren. Foto: Herzog Foto: Schwarzwälder-Bote

Carsten Kohlmann berichtet über die Eingemeindung Sulgens

Von Lothar Herzog

Schramberg-Sulgen. Während des dreitägigen Festwochenendes bot der Förderkreis Alte St. Laurentiuskirche Sulgen zum Festmotto "75 Jahre gemeinsamer Weg" drei Führungen mit Stadtarchivar Carsten Kohlmann an.

Die Resonanz an der Ausstellung, wie sich Schrambergs größter Stadtteil speziell in den letzten 75 Jahren entwickelt hat, war erneut sehr groß. Die Geschichte Sulgens interessierte auch Bürger aus Nachbargemeinden.

Die Eingliederung von Sulgen nach Schramberg zum 1. April 1939 sei nicht unter politisch demokratischen Bedingungen erfolgt. Zeitzeugen gebe es leider keine mehr, weshalb auch nicht überliefert sei, wie man damals in Sulgen mit dem Verlust der Selbstständigkeit umging. Laut Dokumenten habe es an jenem Tag nur eine schlichte Veranstaltung mit einem Mittagessen im Gasthaus "Bären" für die Politik und eine Tanzveranstaltung abends im "Hasen" für die Bevölkerung gegeben. Wohl deshalb, weil sich der Groß-Schramberg-Plan von Bürgermeister Fritz Arnold, neben Sulgen auch gleich noch Aichhalden und Lauterbach einzuverleiben, nicht gelang, mutmaßte Kohlmann.

Weil in Schramberg jedoch die Bevölkerung innerhalb vier Jahrzehnte um das Vierfache wuchs, habe es bereits vor dem ersten Weltkrieg eine Wohnungsnot gegeben. Im Jahre 1935 habe die Stadt mit dem Kauf von Gelände in der Aichhalder Straße in Sulgen einen Brückenkopf gebildet. Für die Familien habe es äußerst günstige Finanzierungen für den Hausbau gegeben. Bis zur Eingemeindung sei bereits jeder sechste Einwohner in Sulgen, das sich auf politischen Druck 1934 mit Sulgau zusammenschloss, ein Schramberger gewesen.

Dass die Schramberger gerne auf die Sulgener herab sahen und als Bauernvolk bezeichneten, hätten die Sulgener lange nicht verziehen, wie noch vieles nicht vergessen sei. Zum Beispiel, dass das jüngst geschlossene Krankenhaus nicht auf dem Sulgener Haldenhof gebaut worden sei. Selbst bei der Oberbürgermeisterwahl 2011 habe man erstaunt feststellen müssen, welche Gräben es zwischen den beiden Orten immer noch gebe, wusste der im Sulgener Eckenhof aufgewachsene Historiker.

Durch das rasante Wachsen des Stadtteils Sulgen sei auch Bewegung in die Kirchengemeinden gekommen. 1957 sei die evangelische Kirche im Wittum, 1967 das neue katholische Gotteshaus eingeweiht worden. Mittlerweile sei in Sulgen eine konfessionelle Vielfalt vorhanden, die an amerikanische Verhältnisse grenze, stellte der Stadtarchivar fest.

Die Führung endete mit der (bitteren) Erkenntnis, dass seit der Eingliederung Sulgens aufgrund des steten Wandels außer einigen Erinnerungssplittern von der Vergangenheit wenig erhalten ist.

Für die junge Generation ist der alte Sulgen eine ferne Vergangenheit, zu der es fast keine persönlichen Bezüge mehr gibt.