Huch, wie geschieht uns denn? Die Theaterwerkstatt Schramberg bringt ein besonderes Stück auf die Bühnenbretter. Foto: Theaterwerkstatt Foto: Schwarzwälder-Bote

Theaterwerkstatt Schramberg zeigt anlässlich des 30-jährigen Bestehens die Komödie "Top Dogs" / Mutige Entscheidung

Von Hans Werner

Schramberg. Mit einer glanzvollen Premiere der satirischen Erfolgskomödie "Top Dogs" des kürzlich verstorbenen Schweizer Autors Urs Widmer hat die Schramberger Theaterwerkstatt das 30. Jahr ihres Bestehens gefeiert.

Um Regisseur Harald Frommer, ehedem Studienprofessor für Literatur und Deutsch, hatte sich ein Ensemble geschart, das, von leidenschaftlichem Theaterblut beseelt, in dieser Zeit 20 großartige Aufführungen auf die Bühne brachte und sich damit einen festen Platz im Kulturleben der Stadt sicherte.

Das Stück "Top Dogs" war die 21. Aufführung, und gerade damit hat diese Theatergruppe Mut bewiesen. Galt es doch, im Sinne Brechts, neuartige Wege zu beschreiten. Obwohl kein durchgängiger Handlungsstrang erkennbar war, wirkte diese Aufführung bis zur letzten Szene spannend und unterhaltend.

Acht stellungslose Managerinnen und Manager kommen in dem Schweizer Outplacement-Center der New Challenge Company zusammen, um mit einem Spezial-Coaching ihr eventuelles Comeback in das Berufsleben vorzubereiten. Mit einem Höchstmaß an emotionalem Engagement erzählen sie ihre persönlichen Schicksale, und der Zuschauer kann ihnen nur ergriffen lauschen.

In einem expositionsartigen Teil stellen sich die Personen zunächst vor, zum Beispiel Frau Hoffmann (Beate Meyer-Pick), die ihre Entlassung als Catering-Manager nie verwinden konnte und stets verdrängte. Die Gruppe schreit ihr in einer Art pseudoreligiöser Responsorik die brutale Wirklichkeit ins Ohr.

Die Schauspieler treten immer wieder aus ihrer Rolle und übernehmen bei Rollenspielen die Funktion der leitenden Psychologen, so Frau Wrage (Gabriele Frommer), eigentlich Finanzanalystin, oder Julika Jenkins, eine frühere Projektleiterin. Somit werden die Personen austauschbar und die Grenze zwischen Klienten und Psychologen verschwimmt zusehends.

Die grausame Realität des Geschäftsgebarens großer Konzerne kommt im Entlassungsgespräch zwischen Bihler (Gerhard Ruoff) und Tschudi (Martin Himmelheber) überdeutlich zum Ausdruck: "Business, das ist Krieg, Blut und Tränen." In der "Schlacht der Wörter" gehen alle Darsteller schnellen Schrittes im Kreis herum und werfen sich Schlagwörter, zumeist Anglizismen, an den Kopf. Es folgt eine Art dramatischer Durchführung, eine kritische Wertung der Entlassungsfälle durch die Betroffenen. Dabei leitet Jenkins (Lara Kiolbassa) die Diskussion, nacheinander treten Herr Müller (Klaus Andreae), Frau Wrage-Neuenschwander (Roland Eisele) und Herr Tschudi auf und schildern in bewegenden Worten ihr persönliches Schicksal.

Den Höhepunkt indessen erreicht Herr Krause (Lars Bornschein), der sich als wahres Jammerbild völlig in Tränen auflöst, dabei auch auf die Sexualwünsche der Frauen zu sprechen kommt.

Wie im klassischen Drama gibt es eine Steigerung zu dramatischen Höhepunkten, welche über Traumszenen, eingeblendete Märchen und eine predigtartige Rede, "die Utopie des guten Menschen", die Handlung zur Katastrophe vorantreiben. Gerhard Ruoffs Vortrag über die Utopie des guten Menschen und seine schreckliche apokalyptische Vision überragt alles an Dramatik und rhetorischer Kraft. Wie auf einer Kanzel steht er am linken Bühnenrand und spricht zum Volk, welches ihm in wilden Massen wirtschaftliche Erfolgsparolen entgegenschleudert.

Am Ende gibt es den Tanz ums Goldene Kalb, und fast hätte man hier den Schluss vermuten können. Aber es folgt noch ein heiterer Epilog, gleichsam eine Coda, in dem sich die jugendliche Frau Jenkins, mit Tränen in den Augen, von den andern verabschiedet.

Der sorgfältigen Regie von Harald Frommer und Helene Andreae ist es zu verdanken, dass das Stück packend und spannend wirkte, obwohl es fast völlig auf Requisiten verzichtete. Hier wurde Theater gespielt in perfekter sprachlicher Qualität und einer ausdrucksstarken Choreografie im Bewegungsablauf.

Weitere Informationen: Karten für die Sonntagsveranstaltung gibt es bis Samstag bei der Buchhandlung Klaussner