Erzählsalon: Ehemalige "Halbstarke" schildern das Lebensgefühl der Fünfziger Jahre

Von Christoph Ziechaus

"Ein Leben ohne Moped war möglich, aber sinnlos", im beginnenden Wirtschaftswunder der 50er- Jahre war die Jugend "halbstark auf zwei Rädern" unterwegs.

Schramberg. Zur Erinnerung an diese Zeiten mussten beim zweiten Erzählsalon im Auto- und Uhrenmuseum noch viele Stühle aufgestellt werden, denn es gab viel zu berichten, und das von vielen Zeitzeugen.

Diese Geschichten "aus der eigenen umtriebigen Jugend sind ziemlich wahr", versicherte Moderator Friedbert Morsch. Als persönliches Beweisstück zog einer der Zuhörer einen schwarzen Plastikkamm, "natürlich aus der rechten Arschtasche". Der gehörte neben schwarzer Lederjacke, Jeans und Zigarette im Mundwinkel zur Grundausstattung der Halbstarken auf ihren Mopeds, die vorm Ausgehen gerne "mit einer Fleckenrunde" knatternd auf sich aufmerksam machten.

Dagegen konnte der "Sturzhelmking" die Mädels nicht beeindrucken mit dem heute vorgeschriebenen Kopfschutz, bedauerte Werner Link. Er war immerhin so windschnittig, dass er mit dem Moped im Leerlauf bergab einen Bus überholte. Heute stellt er die Zweiräder der Fünfziger in seinem Roller- und Mopedmuseum in Bad Peterstal aus.

Zwar wurde die Queen gerade 90 Jahre alt, aber die Vespa rollt auch schon seit 70 Jahren, erinnerte Hans Hinn an aktuelle Jubiläen. Der "Zwei-Takt-Papst der Maico-Glaubensgemeinschaft" kannte viele der über 100 Hersteller von Fahrrädern mit Hilfsmotor und Mopeds und natürlich die Tricks, um die Knatterbüchsen zu frisieren.

Im Schneller-Machen der Kreidlers "bis 120 Sachen" hatte es der gelernte Maschinenschlosser Gerd Bender zu großer Meisterschaft gebracht, darunter einige deutsche.

Mit seiner Doris mischte er als Privatfahrer auf den Rennstrecken in Spa, Silverstone und Hockenheim ganz vorne mit: "Bender entwirft, baut, bohrt, fährt und gewinnt selber". Später wechselte er als Kenner des Metiers vom Rennsattel in den Sessel eines Chefs bei der Motorsportpresse.

In Schramberg habe eine Kreidler eine Ehe gestiftet, erzählte Klaus Lamprecht aus seiner Lehrzeit in der H.A.U., als ein Kumpel mit dem Moped seine Freundin in Spanien besucht hatte.

Weil "das Dach überm Kopf fehlte", seien die Mopeds von den aufkommenden Kleinwagen abgelöst worden. Ohne kalte Nieren, aber familienfreundlich konnte man in der "Knutschkugel Isetta" trocken im Regenguss rumfahren.  Die Geschichten der Halbstarken auf zwei Rädern werden im Auto- und Uhrenmuseum in der H.A.U. noch bis nach Pfingsten erzählt und gezeigt.