Vor 70 Jahren: Französische Besatzung demontiert Maschinenpark der Schonacher Firma Josef Burger

Von Rita Bolkart

Schonach. "Das waren Profis, die sich die Maschinen angeschaut haben", ist sich der 93jährige Alfons Schneider sicher. Er gehörte zu dem Trupp, der bei der Firma Josef Burger mit seinen Kollegen Josef Hettich, Bernhard Klausmann, Josef Scherer und Franz Duffner die Maschinen für die französischen Besatzer demontierte.

Bei der Demontage wurden die Arbeiter von bewaffneten Soldaten überwacht. "Da wurde kein Wort gesprochen", beschrieb er die Situation, "die waren voller Hass". Berechtigterweise, wie er ergänzt, schließlich demontierten die Deutschen in den ersten Kriegsjahren auch im französischen Nachbarland. Mit einem Trick versuchten die Arbeiter ihre Maschinen auf alt zu trimmen. Sie wurden schwarz angemalt und mit Öl und Schmierstoffen übel zugerichtet. Dennoch erkannte die französische Delegation sehr wohl den Wert der Maschinen.

Unterstützt wurden die Burger-Mitarbeiter vom Schonacher Zimmermann Feiß. Der baute Gerüste und Lager, Hebevorrichtungen und Transportkisten, damit die großen Maschinen abgebaut und einigermaßen sicher verstaut werden konnten. Anschließend wurden die Kisten auf Militärlaster verladen und am Bahnhof auf die Güterwagons verfrachtet. "Die stand zwei Tage im Regen am Bahnhof", ärgert sich Alfons Schneider noch heute, wie mit einer nagelneuen Gewindebohr- und Schleifmaschine verfahren wurde.

Insgesamt wurden bei der offiziellen Demontage von 1946 bis 1948 Maschinen im Wert von über 700 000 Reichmark aus den Burgerwerken weggeschafft, nennt SBS-Archivar Bernhard Mohr die konkreten Zahlen. Nach Kriegsende am 8. Mai 1945 ruhte der Betrieb zunächst für drei Wochen, die letzte Auslieferung datiert er auf den 10. April 1945. In diesen drei Wochen durfte nicht einmal Firmenchef Ernst Burger die Firma betreten. In einer wilden Demontage wurden 1945 bereits erste Maschinen und Apparate weggeschafft. Der zweite Geschäftsführer Heinrich Stoeckert wurde beauftragt, alle Maschinen zu erfassen. Zusammen mit den Unterlagen, die die Handelskammer Villingen im Auftrag der Besatzungsmacht erstellte, bildete sie die Grundlage für die offizielle Demontage, die im Jahr 1946 begann.

Einige besonders wertvolle Maschinen wurden auf umliegenden Höfen in den Heustöcken versteckt. Mit unterschiedlichem Erfolg, wie Bernhard Mohr berichtete. In einem Fall wurde die Lagerung verraten. Den Akteuren und dem Landwirt geschah nichts Schlimmeres, so Bernhard Mohr, die Maschine allerdings wurde einkassiert.

Ab Juni 1945 lief der Fertigungsbetrieb wieder auf Sparflamme. Aus dem Restmaterial wurden Luftpumpen, Feuerzeuge und Uhren hergestellt. Bei der Produktion der Uhrenbestandteile waren nur wenige Maschinen für die Demontage interessant. "Damit konnten die Franzosen nichts anfangen", berichtete Bernhard Mohr.

Die Belegschaft war von 360 auf 107 Mitarbeiter geschrumpft. "Das war eine arme Zeit", verdeutlicht Alfons Schneider, der am 1. Oktober 1945 zur Belegschaft stieß. Ernst Burger habe dafür gesorgt, dass seine Arbeiter bei Kräften blieben, erzählte er weiter. Für jeden gab es in der 9 Uhr-Pause eine warme Suppe und monatlich erhielten die Arbeiter ein Uhrwerk. "Mit vier Uhrwerken konnte man eine fertige Kuckucksuhr zusammenbauen und die war beim Hamstern richtig was wert", beschrieb er die außergewöhnliche Fürsorge von Ernst Burger. Drei Werke tauschten die Arbeiter gegen die weiteren Uhrenbestandteile, ehe sie mit dem vierten Werk die Uhr komplettierten.

Eine weitere außergewöhnliche Geste war der Weihnachtszuschuss, den Ernst Burger seinen Mitarbeitern aufs Gehalt legte. Zwischen zehn und 40 Reichsmark gab es für seine Belegschaft. Zu dieser Zeit war dies weit mehr als nur eine anerkennende Geste und bildet seine Fürsorge Burgers für seine Arbeiter ab. In der Fertigung behalfen sich die Arbeiter schließlich mit einfachen Maschinen der Marke Eigenbau, damit die Produktion in dem Betrieb auch weiter laufen konnte. "Wir haben Ernst Burger viel zu verdanken, wie er uns durch die Zeit gebracht hat", fasste Alfons Schneider die Jahre 1945 bis 1948 zusammen.