Ein großer Saitenabstand, ein einfaches Notenbild sowie ein deutlich lesbares Unterlegblatt ermöglichen das zweistimmige Spielen auf einer Veeh-Harfe auch ohne musikalische Vorkenntnisse. Foto: Schwarzwälder-Bote

Notenschablonen ermöglichen ein Spiel ohne Vorkenntnisse

Von Andrea Fisel

Schömberg. "Die Geschichte der Veeh-Harfe beginnt mitten im wirklichen Leben", sagt Hermann Veeh. Denn der Landwirt aus dem fränkischen Gülchsheim hat jenes Zupfinstrument Ende der 1980er-Jahre für seinen Sohn Andreas entwickelt, der mit Down-Syndrom auf die Welt kam.

Einfach in der Handhabung, ansprechend in der Formgebung, bezaubernd im Klang, außerdem an den Fähigkeiten seines Sohnes orientiert, sollte das Instrument sein, nach dem Veeh jahrelang auf der Suche war. Dass er dann ein solches Instrument im Laufe von fünf Jahren selbst entwickelte, verdanke er einerseits der Liebe seines Sohnes zur Musik, andererseits seinen Erinnerungen an die Akkordzither mit ihrem Unterlegblatt, beschreibt Veeh in der Festschrift zum zehnjährigen Bestehen seiner Veeh-Harfe.

"Der Traum vom gemeinsamen Musizieren von Menschen mit unterschiedlichen Begabungen und Fähigkeiten wurde Wirklichkeit", freut sich der inzwischen erfolgreiche Instrumentenbauer, in dessen Werkstatt unter Mitwirkung von Behinderteneinrichtungen jährlich mehr als 1000 Veeh-Harfen in aufwendiger Handwerksarbeit gefertigt werden. Des Weiteren wurde eigens für das Instrument eine einfache und deutliche Notenschrift entwickelt – reduziert auf das Wesentliche. Notenschablonen, die zwischen Saiten und Resonanzkörper geschoben werden, ermöglichen so ein Spielen "vom Blatt" – die Noten werden begreifbar.

Auch in Schömberg hat dieses Instrument, das mit seinem klangvollen Namen zuerst einmal an die Fee aus einem Märchen erinnert, inzwischen Einzug gehalten im alltäglichen Leben: Eine Gruppe aus zehn, vornehmlich weiblichen Harfenspielern trifft sich seit Oktober 2012 einmal monatlich in der Wohnung von Margret und Helmut Danneberg in der Schillerstraße. "Wir üben zwar neue Stücke oder wiederholen bereits bekannte, aber genauso viel lachen und reden wir auch", verrät die Runde, die gemütlich um den großen Wohnzimmertisch im Hause Danneberg sitzt, um dort gemeinsam – wie das bei einer echten Stubenmusik üblich ist – zu musizieren.

"Man braucht für das Spielen auf diesem einfachen Saiteninstrument nur wenige musikalische Vorkenntnisse, vor allem muss man keine Noten lesen können", erklärt Margret Danneberg. Zusammen mit ihrem Ehemann leitet sie die Musikgruppe, die sich der Seniorenarbeit innerhalb der evangelischen Kirchengemeinde angeschlossen hat.

Fast 400 Notenblätter hat sich die Gruppe bereits angeschafft, eine ansehnliche Sammlung aus klassischer, volkstümlicher und christlicher Literatur. "Selbstverständlich beherrschen wir noch längst nicht alle Stücke", gestehen die Mitspielerinnen lachend.

Die Schömberger Veeh-Harfen spielen bei Seniorentreffs, in Altenheimen, im "Haus Bühler" oder bei Hausbesuchen von Alten und Kranken. "Wir möchten mit unserem Musizieren anderen, aber auch uns selbst Freude machen", betont Helmut Danneberg. Es sei erstaunlich, welche Wirkung sie bei den Klängen der Veeh-Harfen erlebten: Alte, selbst an Demenz erkrankte Menschen würden Lieder mitsummen oder -singen und dabei zunehmend ruhiger und ausgeglichener werden.

"Doch auch sich selbst kann man die Sorgen aus dem Herzen zupfen", sagte Danneberg "und dabei die Worte aus Psalm 98 nachempfinden: Singt dem Herrn ein neues Lied! Singt ihm Lieder zur Harfe! Lasst den Lobpreis ertönen zum Saitenspiel!"