Anliegenbücher der Wallfahrtskirche Palmbühl sind Spiegel vergangener Jahrzehnte / Dankestafeln an der Kapelle

Von Beate Müller

Schömberg. Gerade wenn es das Leben alles andere als gut mit einem meint, suchen die Menschen Beistand im Glauben. In der Wallfahrtskirche Palmbühl können die Hilfesuchenden ihre Bitten in dem so genannten Anliegenbuch festhalten.

"Kaum zählbar" sind laut Pfarrer Josef Schäfer die Einträge in den Anliegenbüchern. Das aktuell im Eingangsbereich ausliegende Buch ist nicht das erste: Jahrzehntelang werden Seite um Seite von Gläubigen gefüllt; etwa ein halbes Jahr lang dauere es, bis jede Seite beschrieben sei. Vor allem bei akuten Krankheiten oder bevorstehenden Operationen suchen die Gläubigen Beistand. Viele ersuchen auch den Schutz für ihre Familie und bitten um deren Gesundheit.

Die Anliegenbücher sind Zeitzeugen quer durch die vergangenen Jahrzehnte. Auf den aktuellen Seiten häufen sich die Bitten um "Freiheit für Palästina" und dafür, dass Menschen unterschiedlichen Glaubens friedlich zusammen leben können. Auch Kinder halten ihre Wünsche, oft mit kleinen Zeichnungen versehen, im Buch fest: So schrieb ein Kind: "Lieber Gott, hilf meinem Papa morgen bei seiner OP."

Aber auch der Tod ist ein Thema. Die kleine Greta fragt nach, wie es ihren Großeltern im Himmel geht. Eine Frau wünscht ihrem verstorbenen Bruder ein besseres Leben im Paradies. Die Themen sind so vielfältig wie die Menschen, die sie verfassen: Auf der einen Seite bittet ein Schüler um Beistand während der Prüfungen, auf der anderen ersucht jemand um Hilfe bei der Arbeitssuche.

Die meisten Einträge sind auf Deutsch verfasst, doch zeigt die Sprachenvielfalt, dass Pilger aus aller Welt auf den Palmbühl kommen. Vorbild für das Anliegenbuch ist die Klagemauer in Jerusalem.

Wenn die Bitten erhört worden sind, ist die Judas-Thaddäus-Kapelle der geeignete Ort, Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen. Die kleine Holzkapelle, nur wenige Meter von der Palmbühl-Kirche entfernt, ist seit 1928 Anlaufstelle für Christen. Meist halten die Gläubigen ihren Dank auf Holztafeln fest, die an die Außenwände der Kapelle genagelt werden. Mittlerweile ist die Kapelle fast vollständig von den Motivtafeln umgeben. Zwischen den Holzlatten stecken einige kleine Briefe, vereinzelt hängen Rosenkränze zwischen den Tafeln. "Die Menschen bringen nach dem Tod von Angehörigen manchmal die religiösen Habseligkeiten zur Kapelle", erklärt Pfarrer Schäfer eine weitere Funktion dieses besonderen Orts.

Viele Holztafeln stammen aus der Nachkriegszeit. Eine von ihnen fasziniert Pfarrer Schäfer ganz besonders: Ein an Krebs erkrankter Mann versprach im Gebet im Falle seiner Heilung, eine bestimmte Geldsumme zu spenden. Als er 1991 geheilt wurde, konnte dieser die Summe nicht aufbringen und suchte beim damaligen Pfarrer Rat. Obwohl dieser ihm versicherte, dass er die Spende nicht leisten müsse, spendete der Mann bis 2010 kleinere Beträge, um seinem Versprechen gegenüber Gott nachzukommen. Die Jahreszahlen sind zusammen mit einem Dankestext in eine Motivtafel geschnitzt.