Zuversichtlich: Karl-Josef Sprenger (rechts) und sein Verteidiger Gerson Trüg setzen auf einen Freispruch. Foto: Visel

Prozessauftakt gegen Schömberger Bürgermeister vor Balinger Amtsgericht. Staatsanwalt sieht Amtsmissbrauch.

Schömberg/Balingen - Der Angeklagte kommt im dunklen Anzug. Er trägt ein blütenweißes Hemd und eine Krawatte in gedeckten Farben – und er kommt in Begleitung seiner Frau Nadja. Karl-Josef Sprenger (47) beteuert vor dem Amtsgericht Balingen seine Unschuld. Er habe sich nicht wegen Betrugs durch Unterlassen strafbar gemacht, betont er nachdrücklich.

Der Schömberger Bürgermeister verliest eine fünfseitige Erklärung. Weitergehende Fragen der Vorsitzenden Richterin Birgit Goßger oder von Oberstaatsanwalt Karl-Heinz Beiter will er in diesem Prozess, der gestern begonnen hat und der auf insgesamt acht Verhandlungstag angesetzt ist, nicht beantworten.

Er nehme die Art und Weise der Verhandlungsführung zur Kenntnis, sagt der Anklagevertreter, nachdem auch Sprengers Anwälte Gerson Trüg und Thomas Burmeister eine Erklärung verlesen haben – diese ist 16 Seiten lang. "Plädoyers werden eigentlich erst zum Schluss der Verhandlung gehalten", stichelt Beiter und fügt an: "Ich sehe der Beweisaufnahme gelassen entgegen. Diese wird ergeben, dass es sich ganz klar um eine Täuschung handelt." Aber auch Sprengers Verteidiger setzen auf die Zeugenvernehmung, mit der am zweiten Verhandlungstag begonnen wird.

Auch ehemalige Chefs der Stadtkapelle sollen als Zeugen aussagen

Vernommen werden unter anderem die (ehemaligen) Verantwortlichen der Stadtkapelle, Schulleiter und Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Und Beiter nimmt etwas vorweg. Er zitiert den ehemaligen Chef der Stadtkapelle, Daniel Saffrin, der dargelegt haben soll, Sprenger habe stets betont, man solle nicht so laut über den Proberaum reden und das alles flach halten, dann werde es schon durchflutschen. Beiters Kommentar: "So geht es nicht, Herr Sprenger."

Und weil es so nicht geht, heißt es im Strafbefehl: "Sie werden beschuldigt, Sie haben durch Unterlassen in der Absicht, einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass Sie durch Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Irrtum erregten und unterhielten, wobei Sie Ihre Befugnisse als Amtsträger missbrauchten und einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführten. Diese Tat ist strafbar als Betrug durch Unterlassen." Sprenger hat gegen den Strafbefehl fristgerecht Einspruch eingelegt, weil er vor Gericht einen Freispruch erreichen will.

In der Sache geht es, wie mehrfach berichtet, um Schulbaufördermittel für den musischen Betreuungsraum im Schömberger Schulzentrum. Diese sollen zum Teil zu Unrecht geflossen sein. So führt die Staatsanwaltschaft aus, Sprenger habe von vornherein beabsichtigt, Fördermittel in größtmöglichem Umfang zu erhalten und gleichzeitig den Raum der Stadtkapelle als Proberaum zur Verfügung zu stellen, obwohl er gewusst habe, dass dessen Nutzung für die Ganztagsangebote der Schule eindeutig Vorrang haben musste.

Die Staatsanwaltschaft zitiert in diesem Zusammenhang aus einem Brief von Sprenger an den Vorsitzenden der Stadtkapelle vom 31. März 2009. Darin heißt es: "Nach klar geäußertem Willen des Gemeinderats steht dieser Raum zu vorderst der Stadtkapelle zur Verfügung." Weiter wird Sprenger vorgeworfen, dem Regierungspräsidium Tübingen (RP) auch die Umplanung mit Einbau einer Teeküche und Wegfall der Toiletten nicht rechtzeitig gemeldet zu haben.

Die Behörde habe dann am 16. August 2012 die am 10. Mai 2010 zu viel gezahlten Zuschüsse in Höhe von 61 700 Euro zurückgefordert. Weiter führte Oberstaatsanwalt Beiter aus, das RP sei am 25. Mai 2010 (der Raum war am 8. Mai 2010 eingeweiht worden) über das Staatliche Schulamt Albstadt durch die Schulrektoren Wolfgang Fiderer und Uli Müller über die "zweckwidrige Verwendung" des Raums informiert worden.

Bürgermeister Karl-Josef Sprenger bestreitet die Vorwürfe. Denn gerade er sei es gewesen, der die "beantragte prioritäre Nutzung des Raums für die musische Ganztagsbetreuung von Anfang an bis zuletzt (das heißt bis zum Bürgerentscheid) realisieren wollte". Sprenger verweist darauf, dass eine Kombi-Nutzung nie als zuschussschädlich eingestuft worden sei und er mit einem privaten Musiklehrer und der Leiterin des Edith-Stein-Instituts in Rottweil versucht habe, Veranstaltungen im Rahmen der Ganztagsbetreuung anzubieten.

Zum Brief an die Stadtkapelle sei zu erklären, "dass ich mich aufgrund der unterschiedlichen Lager in Schömberg unter Druck gesetzt gesehen habe und der Stadtkapelle mit diesem Schreiben scheinbar mehr zugesagt habe, als intendiert war und umgesetzt werden sollte. Gewissermaßen sollte die Stadtkapelle damit beruhigt werden." Zudem wäre eine Täuschung der Zuschussbehörde gar nicht möglich gewesen, weil am 26. Oktober 2010 der Abnahmetermin stattgefunden habe. "Das wäre ja sofort aufgefallen. Kein Mensch begeht eine solche Täuschung."

Sprengers Rechtsanwälte heben indessen auf die kommunalrechtliche Zuständigkeit ab. Sprenger hätte die Nutzung des Raums gar nicht festlegen können, weil über diese der Gemeinderat als Hauptorgan der Gemeinde entscheiden musste. Und einen Ratsbeschluss, wonach der Raum anders genutzt werden solle als im Zuschussantrag beschrieben, gebe es nicht. Fazit: Sprenger habe nie eine vorrangige Nutzung des Raums durch die Stadtkapelle gewollt, sondern sich bis zum Bürgerentscheid am 4. März 2012 für einen Vorrang der schulischen Nutzung ausgesprochen.

Info:  Der Prozess wird am Donnerstag, 20. Februar, 9 Uhr, fortgesetzt.