Fachwerkhäuser und Menschen aus der Stadt warben in den 1970er-Jahren für die "Kurmark"-Zigaretten

Schiltach. Was macht die "Kurmark" mitten auf dem Schiltacher Marktplatz? Werbung. Das Bild des Schwarzwaldstädtchens half mit, die vor allem im Süddeutschland bekannte Zigarette zu vermarkten.

Für die präzisere Antwort auf diese Frage braucht es einen kurzen Rückblick in die Geschichte. Die Provinz Kurmark ist das historische Herz des alten Preußens, gelegen in den heutigen Bundesländern Berlin und Brandenburg, aber zum Teil heute auch auf polnischem Staatsgebiet. Trotz dieser weiten Entfernung sollte die "Kurmark" typisch für Baden-Württemberg werden.

Ihre Geschichte beginnt aber tatsächlich fern des Südwestens. Der jüdische Zigarettenfabrikant Josef Garbáty eröffnete zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Berlin ein Tabakunternehmen. Er stieg bis in die 1930er-Jahre zum führenden Zigarettenproduzenten der Hauptstadt auf. Exportiert wurde auch in zahlreiche ausländische Märkte, zwischenzeitlich durfte er sich gar "königlich-sächischer Hoflieferant" nennen. Zum großen Erfolg seiner Stammmarke "Königin von Saba" gesellte sich ab 1928 die "Kurmark".

Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wuchs aber der Druck auf die Firma in jüdischem Besitz. Schließlich musste die Familie 1938 ihre verbliebenen Anteile verkaufen und wanderte in die USA aus. Nur Unternehmensgründer Josef Garbáty blieb in Deutschland, wo er 1939 starb. Nach Kriegsende befand sich das Unternehmen plötzlich im sowjetisch besetzten Ostteil Berlins als "VEB Garbáty". Ostmarken wie "Club" oder "Karo" wurden danach dort produziert. Die wenigen vor der Verstaatlichung geretteten Reste des Unternehmens fanden eine neue Heimat in Stuttgart, in der amerikanischen Zone des besetzten Deutschlands. Dort erhielt der Garbáty-Sohn Moritz das Familienunternehmen für einen Neustart zurück. Doch fehlende Maschinen und schlechter Tabak verhinderten einen neuerlichen Aufschwung und zwangen ihn zum Verkauf an den Konzern British-American-Tobacco (BAT). BAT etablierte die "Kurmark" erfolgreich auf den über Jahrzehnte noch sehr regional getrennten Märkten als Marke Baden-Württembergs, der Pfalz und des südlichen Hessens. In den 1970er-Jahren warb der Konzern mit verschiedenen Motiven in den Zeitschriften. Schiltachs historische Stadtansicht, aber auch Leser des Schwarzwälder Bote wurden als Kulisse herausgestellt. Schiltachs Bild "verkaufte sich gut". Natürlich genossen die Menschen in der Stadt eine Zigarette. Das Lesen einer Zeitung mit regionaltypischem Namen und das historische Ambiente betonten wohl das Image der Bodenständigkeit der "Kurmark". Zugleich machten die Anzeigen aber auch den Handlungsort bekannt.

u Die Annonce ist in die Ausstellung "Schiltach Worldwide" im Museum am Markt zu sehen, die noch bis zum 28. September geöffnet ist.