Bürgermeister Thomas Schenk (hinten) dankte Willy Schoch (von rechts), Werner Sum, Bernd Wöhrle und Hermann Kaufmann. Foto: Schmidtke Foto: Schwarzwälder-Bote

Hinter erfassten Kleindenkmalen stecken viele Geschichten – um manche ranken sich sogar Legenden

Von Karin Schmidtke Schenkenzell. Kein Einlass mehr wegen Überfüllung, hieß es beim Vortrag von Willy Schoch: Er fesselte seine Zuhörer mit dem Thema Kleindenkmale.Obwohl der Vortrag mehr als zweieinhalb Stunden lang dauerte, lauschte das Publikum dem Redner konzentriert. Die Veranstaltung fand am Donnerstag im "Haus des Gastes" statt, eingeladen hatten die Gruppe Schiltach des historischen Vereins Mittelbaden und die Volkshochschule.

Willy Schoch hatte mit der Unterstützung von Hermann Kaufmann, Werner Sum und Bernd Wöhrle unzählige weitere Zeugen der Vergangenheit erfasst – etwa Grenzsteine, Brunnenanlagen, stumme Stätten der Flößerei, ein Back- und Brennhaus, Kreuze, Brücken, Kapellen und Stolleneingänge. Zwei Jahre lang war das Quartett eingespannt. Manche Kleindenkmale sind gut erhalten, andere (fast) verschwunden.

Schoch zählte nicht nur die Funde auf, sondern berichtete auch, dass sich um Bildstöcke oder Kreuze Schicksale, Unglücksfälle und tragische Liebesgeschichten ranken – wie die der Afra und ihres Wilderertonis, die unter der herrschsüchtigen Mutter der Afra gelitten hatten. Drei unehelich geborene Kinder gingen aus der Liebelei hervor, die von der Gesellschaft später ausgegrenzt wurden.

Oft wurde das Glaubenszeugnis aus der konfessionell geprägten Kulturlandschaft im 17. bis 19. Jahrhundert deutlich. Aktuelle und historische Fotos der Funde, Zeichnungen und gemalte Bilder veranschaulichten das Berichtete. Stets gleich aufgebaut seien die aus Buntsandstein gehauenen "Bildstöckle" mit Sockel, Stamm, Bildhäuschen mit Nische und Dach, wobei sie meist von allen vier Seiten mit Ornamenten übersät sind. Der Bildstock im Müllerswald etwa erinnert an einen Erdrutsch, bei dem ein Bauernhof samt elf Menschen und Vieh unter einer Schlammlawine begraben wurde. Nur ein kleines Kind überlebte.

Mancher Zuhörer erinnert sich an Sage vom "Hogema"

Zudem sind 20 Brücken waren erfasst worden. Viele entstanden im 19. Jahrhundert, als Straßen und Wege bis in die Seitentäler ausgebaut wurden.Wer kennt nicht die kleinen Gewölbebrücken im Heubachtal, Egenbach, Kaltbrunn oder auch in der Dorfmitte? Wenige nur aber die Hintergründe zu ihrer Entstehung. Ein eigenes Kapitel bekamen die Eisenbahnbrücken, die 1886 fertiggestellt wurden.

Legenden ranken sich um das "Steini Kriz" das 1717 gestiftet worden war. Tiefe Kerben in der Sockelplatte kennzeichnen die Grenzen für zwölf Waldbesitzer – die sich nicht ganz daran hielten. Der Geistersage nach tanzen sie bis heute nachts um das Kreuz. "Damals war der Hochberg kahl und das Kreuz weithin sichtbar", erklärte Schoch dem Auditorium.

Weiter gingen die Streifzüge zu den Flusswehren. Beim Bau des Wehrs protestierten damals noch die Flößer. Spannend war auch der Wässerungsgraben, etwa am Stockhof der wohl um 1845 entstand. An die Sage vom "Hogema", vor dem früher Kinder gewarnt wurde, konnten sich viele im Publikum nocherinnern.

Der Bergbau im Witticher Tal begann um die Jahrhundertwende, schlief dann ein und blühte später wieder auf. 80 Stollen und Schächte mit teils beachtlichen Längen wurden angelegt, doch auch in Schenkenzell und Bergzell gab es 14 Stollen. Felsenkeller dienten als Lager für Bier und Eis, während den Weltkriegen aber auch als Luftschutzkeller.

Auch um historische Grabsteine ging’s: Wolle man für diese, die teils in die Friedhofsmauern eingearbeitet sind, erhalten, müsse man bald aktiv werden. Ein Grabstein von 1774 schlummere seit Jahren bei einem Steinmetz. "Ich bitte die politische Gemeinde darum, sich doch des Grabsteins anzunehmen", appellierte Schoch.

"481 Grenzsteine sollten es sein, 439 haben wir gefunden", erläuterte der Redner. Schöne Steinmetzarbeiten wechseln sich mit Riesenfindlingen, auf denen man die Wappen des Großherzogtums Baden und des Königreichs Württemberg erkennt, ab.

Alle Funde wurden von Moos befreit, vermessen und fotografiert. "Ich habe zehn gefüllte Ordner zu Hause. Wollen Sie die?", bot Schoch Bürgermeister Thomas Schenk augenzwinkernd an. Über den gesammelten Wissensschatz freut sich auch das Kreisarchiv. "Die Ergebnisse sollen künftigen Generationen dienen", sagte Schenk.