Neu angekommene Asylsuchende werden über die Landesfachstelle in Karlsruhe den Städten und Gemeinden zugewiesen. Foto: Rehder Foto: Schwarzwälder-Bote

Auch vornehmlich dezentrale Unterbringung bringt atmosphärisch Pluspunkte / Landkreis stellt weitere Mitarbeiter ein

Von Winfried Scheidel

Kreis Rottweil. Mitte Oktober 2014 waren etwa 500 Asylbewerber im Kreis Rottweil untergebracht. Im Moment liegt die Zahl deutlich über 700. Die steigenden Anforderungen schlagen sich beim Kreissozialamt auch in einer steigenden Mitarbeiterzahl für die Betreuungsaufgaben nieder.

Nachdem der Rottweiler Kreistag für das "Hilfegeben in humanitärer Weise", wie es Bernd Hamann, Sozialdezernent im Landratsamt ausdrückt, bereits im Haushaltsplan 2015 zwei zusätzliche Stellen genehmigte, wird jetzt darüber hinaus noch eine weitere Kraft gesucht, die sich um Menschen kümmert, die im Kreisgebiet vornehmlich aus Südosteuropa, Afrika und Asien stammen.

Für die Betreuungsarbeit werden Mitarbeiter gesucht, die sich in der Verwaltungs- und Sozialarbeit auskennen und auch hinsichtlich handwerklicher Tätigkeiten keine zwei linke Hände haben. Mit den ersten beiden Kriterien ist eine Ausbildung (Studium) zum Sozialwirt eng verbunden, wer dann auch noch handwerkliche Begabungen hat, entspricht fast schon dem Bild vom Tausendsassa, den Hamann in dem vielfältigen Aufgabenfeld gerne einsetzen würde, in dem beim Landkreis momentan noch zwei der nunmehr zehn Stellen offen sind.

Das im Oktober formulierte Szenario, dass 2015 mit einem Zugang von etwa 55 Asylbewerbern monatlich gerechnet werden müsse, habe sich bisher voll bestätigt. Im Dezember seien von den Landesaufnahmestellen in Karlsruhe und Meßstetten 47 neue Asylbewerber in den Kreis Rottweil gekommen, im Januar 40, im Februar 59 und im März bisher 68. Dem gegenüber stünden 20 Abgänge, berichtet der Sozialdezernent.

Da aufgrund der kurzfristigen Verteilung von der Landesfachstelle in Karlsruhe aus keine großen Vorplanungen möglich seien, müsse man nicht zuletzt in Sachen Unterbringung immer etwas parat haben. Dafür sei man auch ständig auf der Suche nach Hausbesitzern, die an solch einer Verwendung ihres Wohneigentums interessiert sind. Vom Hochhaus-Gebäude an der Lehrstraße beim Rottweiler Bahnhof, in dem bis zu 210 Menschen unterkommen, werden die Ankömmlinge nämlich in die Fläche des Kreises Rottweil verteilt.

So hat jede Kommune – je nach Größe – eine bestimmte Aufnahmequote zu erfüllen, in der Praxis erfolgt die Zuweisung aber anhand der vorliegenden Wohnungsangebote. Dazu wurde zum Beispiel am Dienstag im Deißlinger Gemeinderat konstatiert, dass für das große Dorf am oberen Neckar das Aufnahmesoll momentan 29 Plätze beträgt.

Derzeit sind laut Bürgermeister Ralf Ulbrich 16 Menschen in Deißlingen untergebracht. Sollte die Soll-Zahl demnächst erfüllt werden müssen, könne man noch auf ein Quartier im Teilort Lauffen zurückgreifen.

Nachbarschaftliche Aktivitäten durch Asylkreise und auch durch einzelne Privatpersonen stützen die hauptamtliche Arbeit vielfältig. Überhaupt sei es bemerkenswert, wie sich die Einstellung vieler hinsichtlich plötzlich ankommender Menschen aus anderen Kulturkreisen geändert habe. Bei den Zuwanderungen in den 1990er-Jahren sei die Willkommenskultur deutlich bescheidener gewesen. Auch das Bestreben, möglichst dezentral die Menschen unterzubringen, schlage atmosphärisch positiv zu Buche, glaubt Hamann.

Die Basis für ein sich entwickelndes Miteinander wird aber auch vom Status der Asylbewerber mitbestimmt. Die derzeit in Deißlingen aufgenommenen Menschen stammen alle aus als sicher eingestuften Herkunftsländern. Weil deshalb ein baldiger Weggang nicht ausgeschlossen werden kann, wurden Sprachkurse erst einmal zurückgestellt, sagt der Deißlinger Bürgermeister.