Werner Guhl, Erster Beigeordneter der Stadt Rottweil, ist am Sonntag überraschend gestorben. Foto: sb

Stadt steht unter Schock: Erster Beigeordneter erliegt Herzversagen. Seit 1981 in Verwaltung tätig.

Rottweil - Werner Guhl ist tot. Man mag es nicht glauben, dass der Mensch, der auf dem obigen Foto einem so freundlich und doch verbindlich entgegenblickt, nicht mehr unter uns sein wird. Nicht mehr durch die Stadt geht, den Gemeinderat nicht mehr zur Räson ruft, an der Fasnet die Narren von der Ehrentribüne aus nicht mehr in Zwiegespräche verwickelt.

Werner Guhl, der Leiter der Haupt- und Finanzverwaltung und seit 2006 Erster Beigeordneter der Stadt, wird auch keinen städtischen Haushaltsplan mehr vorlegen. Er wird nicht mehr vermitteln, wenn zwei Streitparteien in entgegengesetzten Positionen verharren, er wird die Stadträte nicht mehr zu höherer Spardisziplin mahnen, nicht mehr betonen, dass für ihn, den Hüter der städtischen Kasse, gerade die Zukunft der Kinder im Vordergrund stehe.

Werner Guhl starb am Sonntagmorgen völlig überraschend wohl an einem Herzinfarkt. Er wurde 58 Jahre alt. Er hinterlässt Frau und zwei Töchter. Sein Tod reißt in die Familie und in die Stadt große Lücken, Lücken, die niemand wird so schnell schließen können. Nicht heute, nicht morgen. Vielleicht auch gar nie.

Noch am Donnerstagnachmittag trafen wir uns am Rande einer Veranstaltung der Kreis-CDU vor dem Vinzenz-von-Paul-Hospital. Er hielt mit seinem Wagen an, um mich die paar hundert Meter vom Parkplatz zum Veranstaltungsort mitzunehmen. Er habe extra auf mich gewartet, sagte er mit diesem für ihn so typischen Lächeln. So war er. Ein liebevoller Schelm. Er öffnete auch jenen die Tür, die nicht immer seiner Meinung waren. Aber so kam man ins Gespräch, tauschte sich aus und lernte, den anderen besser zu verstehen.

Er nahm mich auch wieder auf dem Rückweg mit, nachdem Minister Hermann Gröhe sich ins Goldene Buch der Stadt Rottweil eingetragen hatte. Abends wolle er auf dem Empfang der Klassik-Reihe Sommersprossen eine Rede halten, sagte er zum Abschied. Bis demnächst.

Leider nein. Ein weiteres Zusammentreffen mit ihm wird es nicht geben. Guhl sagte den Abendtermin ab, weil er sich schlecht fühlte, am anderen Tag telefonierte er mit Mitarbeitern der Stadtverwaltung. Ihm sei weiterhin übel, er habe auch deswegen schon sein Herz überprüfen lassen.

Sein Herz. Er hatte so ein gutes Herz, das viel zu früh zu schlagen aufhörte.

Langjährige Weggefährten wie der CDU-Fraktionssprecher im Gemeinderat, Günter Posselt, sind geschockt, als sie am Sonntag vom Tode des Bürgermeisters erfahren. Posselt erinnert im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten an die letzte Gemeinderatssitzung am Mittwochabend, die Guhl in Vertretung von Oberbürgermeister Ralf Broß leitete. Eine schwierige Sitzung. Es ging um gestiegene Kosten bei der geplanten neuen Feuerwache. Es ging zur Sache.

Dass wie am Mittwoch trotz heftiger Debatten sich die Kontrahenten am Schluss beinahe immer in die Augen schauen und miteinander sprechen konnten, ist vor allem Werner Guhl zu verdanken. Mit Sprachwitz und zuweilen einer gehörigen Portion Selbstironie löste er manche angespannte Situation. Er hatte ein Gespür für seine Mitbürger wie kein anderer. "Ihm ist immer eine Lösung eingefallen", sagt Posselt.

Seit 1981 war Werner Guhl bei der Stadtverwaltung, zunächst als Personalabteilungsleiter, dann als persönlicher Referent des Oberbürgermeisters, als Hauptamtsleiter, als Leiter der Haupt- und Finanzverwaltung. 2006 wurde er Erster Beigeordneter, im Herbst 2013 bestätigte ihn der Gemeinderat in diesem Amt mit sehr großer Mehrheit. Rottweil, das war Guhl. Guhl, das war Rottweil. Ohne ihn gäbe es diese Stadt so nicht.

Er hatte eine vermittelnde Art, die allen Beteiligten zugute kam. Auch und vor allem seinen Vorgesetzten, den Oberbürgermeistern. Wie Ralf Broß. Er erfährt es gestern als einer der ersten. Beim Festakt zur Weihe der neuen Fahne der Metzgerzunft wird der OB hinausgerufen. Kurz darauf informiert er die anwesenden Fraktionssprecher. Schließlich ergreift am Ende des Festakts der Sprecher aller Rottweiler Zünfte, Adelbert Hugger, das Mikrofon und gibt die traurige Nachricht an die fast 100 Anwesenden weiter. Viele weinen, sie beten zusammen spontan das "Vater unser" und gehen dann tief betroffen auseinander.

Ralf Broß ist erschüttert und schockiert, seine Stimme am Telefon stockt. Er ist, das hört man, den Tränen nahe. Er müsse die Nachricht erst richtig begreifen, sagt er. Für ihn ist das sowohl als Verwaltungschef als auch persönlich ein schmerzlicher Verlust.

Stadträte und langjährige Weggefährten wie der SPD-Sprecher Ralf-Thomas Armleder betonen neben der menschlichen Tragödie den Verlust für die Stadt. "Werner Guhl ist nicht zu ersetzen", sagt Armleder. Er habe mit jedem sprechen können, habe auch Andersdenkende respektiert, hebt Hubert Nowack, der Sprecher der Grünen im Gemeinderat, hervor. "Seine Art und Weise wird fehlen", so Armleder. Er habe Enormes geleistet, war sehr gut informiert und auch, was die Stadtteile anbelangt, immer auf der Höhe. Guhl habe letztendlich diese Stadt gelenkt. "Werner Guhl, das war Champions League", sagt Armleder. Posselt äußert: "Er war der Hauptgestalter der Stadt."

Im Laufe des heuten Tages wird die Stadtverwaltung im Alten Rathaus ein Kondolenzbuch auslegen, in dem sich die Bürger eintragen können. Voraussichtlich am Freitag findet eine Trauerfeier im Heilig-Kreuz-Münster statt. Die Beisetzung findet im engsten Familienkreis statt, teilt die Stadt mit.

Mit dem Tod von Werner Guhl verliert die Stadt einen ihrer wichtigsten Macher und eine ihrer bedeutendsten Persönlichkeiten. Er war eine Ausnahmeerscheinung. Man vermisst ihn jetzt schon.