Buchvorstellung am Montag zur Krise der humanistischen Bildung

Rottweil. Eine Neuerscheinung in der Veröffentlichungsreihe der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg wird am Montag, 7. September, 19 Uhr, im historischen Sitzungssaal des Alten Rathauses vorgestellt. Die Abhandlung von Reinhard Ilg mit dem Titel "Bedrohte Bildung – bedrohte Nation?" behandelt die Krise des humanistischen Schulwesen, das im 19. Jahrhundert zunehmend in Konkurrenz zur technisch-naturwissenschaftlichen Schulbildung geriet.

PISA-Schock, Inklusion, achtjähriges Gymnasium, Gemeinschaftsschule – vier beispielhafte Schlagworte zeigen, wie sehr sich auch Schule verändert. Reinhard Ilg zeigt laut Pressemitteilung mit seinem Buch, dass sich das Verhältnis von Schule und Gesellschaft auch in früheren Zeiten in großen bildungspolitischen Debatten immer wieder neu formieren musste.

So befand sich das humanistische Schulwesen am Ende des 19. Jahrhunderts in einer schweren Krise. Man fragte sich damals, ob die Beschäftigung mit Griechisch und Latein bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Naturwissenschaften und modernen Fremdsprachen noch "zukunftsfähig" sei. Der Kaiser persönlich mischte sich in den Schulstreit ein und mahnte, dass an den höheren Schulen nicht Griechen und Römer, sondern junge Deutsche zu erziehen seien.

Die humanistischen Schulen Württembergs sahen sich durch die Erwartungshaltungen ihrer Zeit massiv bedroht, und zwar nicht bloß als Institution, sondern auch, wie sie meinten, als Träger nationaler Kultur und Geisteskraft. Weitere Bedrohungen und Verunsicherungen gingen von der Bismarckschen Reichsgründung und schließlich – in unvergleichlich existenziellerem Sinne – vom Ersten Weltkrieg aus. Ob Katholiken auf diese Herausforderungen anders reagierten als Protestanten, hat den Autor besonders interessiert. Deshalb vergleicht er in seinem Buch die vier evangelischen Seminare in Maulbronn, Schöntal, Urach und Blaubeuren mit den beiden katholischen Konviktsgymnasien in Ehingen und Rottweil.

Diese konfessionsvergleichen Perspektive nimmt auch der Vortrag von Dieter Langewiesche ein. Der an der Universität Tübingen lehrende Historiker referiert über Konfession und Nation im deutschen Kaiserreich und die Kritik am üblichen Bild aus württembergischer Sicht.

Die Kommission für geschichtliche Landeskunde, die Stadt und der Rottweiler Geschichts- und Altertumsverein laden zu dieser Veranstaltung ein. Die Buchvorstellung mit Vortrag ist öffentlich.