Eine stadtbekannte Ansicht mit Kapellenturm und einem neuen Gast? Von der Hochbrücke aus würde man den Aufzugstestturm gut sehen. Foto: ThyssenKrupp Elevator

Stararchitekten Jahn und Sobek entwerfen Gebäude. Ein leuchtendes "Kunstwerk" für Rottweil.

Rottweil - Sieht so Rottweils Zukunft aus? Gestern wurde das Geheimnis um das Aussehen des geplanten Aufzugstestturms von ThyssenKrupp Elevator (TKE) gelüftet: Er wird 244 Meter hoch, rund, lichtdurchlässig. Die Hülle windet sich nach oben. Die Stararchitekten Jahn und Sobek bezeichnen ihn als "Tower of light". Da könnte einem regelrecht schwindlig werden. Nicht wegen der Dimensionen des geplanten Testturms – etwa, dass Deutschlands höchste Besucherplattform mit 232 Metern vielleicht einmal auf dem Berner Feld steht. Auch nicht wegen seines spiralförmigen Aussehens. Nein. Rottweil befindet sich plötzlich im Konzert großer Städte – Megastädten wie New York oder Abu Dhabi.

Dort, in den Metropolen dieser Welt, wird gebraucht, was in wenigen Jahren in Rottweil entwickelt werden soll: hochmoderne und superschnelle Personenaufzüge für die Wolkenkratzer der Welt. Das ist das Ziel von ThyssenKrupp Elevator, die damit die Konkurrenz einholen wollen, so der TKE-Vorstandsvorsitzende Andreas Schierenbeck bei der Pressekonferenz gestern Morgen im Kapuziner.

Dieses Ziel ist im wahrsten Sinne hochgesteckt und kostet den Konzern mit Hauptsitz in Essen immerhin 40 Millionen Euro. Geld, das der Vorstand in diesen Tagen frei gegeben hat. Finanziell gesehen, stehen die Zeichen also auf Grün. Als Generalunternehmer fungiert die Firma Züblin.

Große Namen werden in der ältesten Stadt Baden-Württembergs mit ihren 24 450 Einwohnern gehandelt. Allein die Planer: Helmut Jahn, ein Stararchitekt, der unter anderem in Chicago ein Büro hat. Und Werner Sobek. Der Architekt und Bauingenieur lehrt an Universitäten in Stuttgart und Chicago. Sie sind in den Megastädten dieser Welt zu Hause und haben dort unübersehbare Spuren hinterlassen. Sie haben den Testturm entworfen (wir berichteten gestern exklusiv).

Es ist eine Verbindung aus einem runden Betonkern, der einen Durchmesser von 21 Metern hat, und einer lichtdurchlässigen Hülle. Der Kern enthält elf Aufzugsschächte: neun zum Testen, einen Panoramaaufzug zur Besucherplattform, die an mindestens drei Tagen in der Woche geöffnet haben soll, und einen Feuerwehraufzug.

Jahn und Sobek realisieren seit Jahrzehnten Projekte, bei denen sie Ingenieurskunst mit anspruchsvoller Architektur verbinden. Das ist auch in Rottweil ihr Anspruch.

Und so soll auf dem Berner Feld, vor den Toren der Stadt, nicht nur einer der modernsten Forschungs- und Entwicklungstürme gebaut werden, der mit 244 Meter eines der höchsten Bauwerke in Deutschland sein wird. Die Architekten wollen mehr und geraten regelrecht ins Schwärmen über ihre eigene Idee: Der Turm sei das perfekte Beispiel, Technik und Architektur miteinander zu verbinden, so Jahn. Rottweil, so habe er Oberbürgermeister Ralf Broß verstanden, habe immer versucht, seiner Zeit voraus zu sein. Dieses Gebäude passe daher perfekt. Der Turm werde die Stadt in die Zukunft führen. Jahn: "Der Turm ist ein Zeichen für den progressiven Geist der Politik und der Bürger in Rottweil."

Laut Sobek sei klar gewesen, dass man Rottweil etwas Besonderes geben müsse. "Es ist ein Kunstwerk", so Sobek. Ein leuchtendes dazu: Als "Tower of light", also Lichtturm, bezeichnen die beiden Stararchitekten ihr Gebilde. Das Turmäußere wird von einem Glasfasergewebe umgeben, das nach oben hin grobmaschiger und daher lichtdurchlässiger wird. "So was habe ich noch nie gesehen", äußert Jahn.

Den meisten Bürgern der Stadt wird es ähnlich gehen. Auch sie dürften so etwas noch nicht gesehen haben. Gestern Abend in der Bürgerversammlung war Premiere.

Dabei, so versichern die beiden Architekten, hätte die historische Bedeutung der Stadt, ihre Silhouette mit ihren historischen Türmen, ganz klar eine Rolle in ihren Überlegungen gespielt. Und natürlich habe man sich in der Stadt aufgehalten und sich umgesehen. Man habe extra eine Drohne aufsteigen lassen, die Fotos gemacht habe. Jahn erzählt später, er habe sich über das Internet, also virtuell, durch die Stadt bewegt.

Und sie haben sich dabei genau die Fragen gestellt, die sich viele Rottweiler stellen, seit bekannt ist, dass Rottweil, ihr Zuhause, die Stadt der Türme, einen weiteren, den dann größten, bekommen soll: "Wie sieht er aus, wenn man sich von außen der Stadt nähert? Und wie ist der Eindruck innerhalb?"

Oberbürgermeister Ralf Broß konnte sich gestern den ganzen Tag über ein Dauerlächeln nicht verkneifen. Verständlich, angesichts der großen Chance, die sich Rottweil und der Region wirtschaftlich bietet, und der internationalen Aufmerksamkeit. Er ist sich sicher: Historie und Moderne passten in der Stadt gut zusammen, Alt und Neu gehörten zusammen, die Stadt habe eine lange Innovationsgeschichte. Die Mehrheit der Bürger will diesen Turm, so Broß, und: "Die Zeit ist reif."

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