Eine stadtbekannte Ansicht mit Kapellenturm und einem neuen Gast? Von der Hochbrücke aus würde man den Aufzugstestturm gut sehen. Foto: ThyssenKrupp Elevator

Umweltbericht zeigt sensible Stellen auf. Turm weithin sichtbar. Ausgleichsvorgaben stehen noch aus. Mit Kommentar.

Rottweil - Noch ist nichts entschieden. Noch steht das Planverfahren ziemlich am Anfang. Sollte der Testturm jedoch kommen, werde dieser die Landschaft "teilweise erheblich verändern". Das geht aus dem Umweltbericht vor. Vorschläge, wie die Eingriffe auszugleichen seien, stehen noch aus.

Zu Beginn hatte man es ja noch versucht: Man wollte den Aufzugstestturm im Neckartal verstecken. Nachdem der Boden im Neckartal für ein solch gewaltiges Bauwerk nicht taugte, soll der Turm nun auf die Höhe kommen: das Berner Feld. Keine Frage: Damit ist er weithin sichtbar. Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens, das zurzeit im Gange ist, wird dargestellt, wie sich das Landschaftsbild rund um den möglichen Standort verändern würde.

Eine Sichtfeldanalyse, das das Büro "365 Grad" aus Überlingen erstellt hat, zeigt, von wo aus der Turm sehr gut, gut oder kaum zu sehen ist und wie dieser optische Eingriff in die Umgebung zu bewerten sei. Konkrete Ausgleichsmaßnahmen schlägt der Bericht nicht vor. Die Gestalt des Turms war bei der Erstellung noch nicht klar, hieß es.

So viel steht aber fest: Durch die Änderung des Bebauungsplans wird die mögliche Bauhöhe von neun bis 13 Meter auf maximal 246 Meter für den Turm und 15 Meter für Nebengebäude erweitert. Daraus resultierten "erhebliche bis sehr erhebliche Auswirkungen" auf die Menschen, das Ortsbild sowie Kulturgüter. Klar ist auch: Die Beeinträchtigungen könnten zwar minimiert, aber im Plangebiet selbst nicht ausgeglichen werden. Schließlich kann der Turm ja nicht weggezaubert werden.

Gerade was die historische Innenstadt anbelangt, hält sich der Umweltbericht mit Empfehlungen zurück. Er stellt lediglich fest: "Die denkmalgeschützte Innenstadt von Rottweil hat eine hohe Bedeutung als Kulturgut und eine hohe Empfindlichkeit gegenüber einer Veränderung der Umgebung". Eine Seite weiter heißt es, das Landschaftsbild sei für die Identität des Ortes und damit einhergehend für die Verbindung des Menschen mit dem Ort bedeutsam. Die Wahrnehmung der historischen Stadt mit ihren "stadtbildprägenden Türmen wird durch den geplanten Testturm verändert".

Gar "erheblich verändert", so der Bericht, würden die sogenannten "Gäu-Terrassen": Das ist die Landschaft östlich des Berner Felds – ein Flecken Erde, der eine hohe Bedeutung für Landschaft und Naherholung besitze. Es bestünden enge Sichtbeziehungen zur historischen Stadtkulisse. Von der gesamten Fläche zwischen Dietingen und Göllsdorf ist der Turm laut Bericht fast komplett sichtbar. Aufgrund der Nähe zum Turmstandort (circa 800 Meter zum Schafwasen, 3400 Meter zum Dissenhorn) wirke der Turm landschaftsbestimmend.

Auch nördlich von Dietingen bis nördlich von Boll und Bochingen bestehe immer wieder eine gute Sichtbarkeit. Bis westlich von Irslingen sei der Turm fast in seiner vollen Höhe sichtbar, die Landschaft werde nachhaltig verändert. Auf der anderen Seite, südwestlich von Rottweil und Zimmern, ist der Turm auch gut sichtbar. Vorbelastet ist die Gegend durch die Autobahn und Siedlungsränder von Rottweil und Zimmern.

Keine Frage: Da ist Fingerspitzengefühl gefragt.

Kommentar: Hartes Ringen

Von Armin Schulz

Egal ob Stararchitekt oder Hinterhofplaner, ob Turm mit schlanker Silhouette oder mit Bauch. Wer sich an dem Standort für den Mega-Tower von ThyssenKrupp auf dem Berner Feld stört, den kann nichts umstimmen. Mag der Entwurf noch so stimmig, noch so schön, aus noch so berühmter Feder stammen. Für die Turmgegner ist das Projekt an Ort und Stelle ein Tabu. Und deswegen kämpfen sie. Das ist ihr gutes Recht. Ebenso rechtmäßig ist es, dass Befürworter, Stadtverwaltung und Bauherr für ihre Sache werben. Aufpassen müssen beide: Nicht dass sie sich verrennen, dass sie beim Ringen um Argumente die Verhältnismäßigkeit ihrer Worte verlieren. Rottweil hat schon mal so was erlebt: Als es um das geplante Gefängnis im »Bitzwäldle« ging, wurde unerbittlich gestritten. Der Scherbenhaufen liegt heute noch da. Das darf nicht mehr passieren.