13 Jahre hatten sie nicht mehr zusammen gearbeitet, kurz zuvor waren sie noch beim Jazzfest aufgetreten, und jetzt durfte das Publikum entscheiden, ob es mit »Tab Two« gereift ist. Foto: Martina Gorzellik

Joo Kraus (Trompete) und Hellmut Hattler (Bass) zeigen sich beim Jazzfest spielfreudig.

Rottweil - Das Rottweil Jazzfest – wegen seiner inzwischen 25-jährigen Geschichte heuer mit dem Zusatz »Silber-« versehen –, ist immer wieder für eine Überraschung gut. Dass der Abend mit Trompetenstar Till Brönner trotz erweiterter Kapazität der Alten Stallhalle ausverkauft würde, konnte zwar nicht überraschen, dass sich zu später Stunde aber noch ein »alter« Bekannter die Bühne entern sollte, um ein bisschen mitzumachen, ist eben Jazzfest: Max Mutzke, der 2005 an selber Stelle für den größten Sicherheitsaufwand gesorgt hatte, den das Festival bis heute aufzubringen hatte, gesellte sich zu Brönner und Co.

Ein Meer aus zarten Klangtupfern

Das »Co.« sollte man übrigens an diesem Abend vor allem auf einer Position deutlich herausstellen: Magnus Lindgren war mit Saxophon und Flöte kongenialer Partner Brönners, ein Virtuose, der beiläufig stimmungsvolle Klangteppiche zaubert oder sich impressionistische Instrumentaldiskussionen mit Brönner liefert. Letzterer ist und bleibt freilich der Chef. Auf ihn sind die Augen gerichtet, und ihn seine schmeichelnde Trompete hören die Ohren.

Manchmal bekommen sie auch seinen Gesang vorgesetzt, selbst wenn er gar nicht singen, sondern nur einen Text rezitieren will. Trompete spielen kann er eindeutig besser, doch war das mit dem Text-Rezitieren durchaus eine sinnvolle Angelegenheit, bekommt das Publikum doch mit, weshalb ein Stück sich so anhört wie es sich anhört, also, weshalb der Interpret diese Interpretation wählt. In diesem Fall war es ein melancholisches Chanson, und das trifft denn auch ziemlich genau die Stimmung des Abends: Till Brönner trat als Trompetenpoet auf, der das Publikum mit seiner Musik umspielt, ein Meer aus zarten Klangtupfern bietet, in das man sich fallen lassen kann. Und manchmal, da durfte man zwischen den Träumen man sogar kokettieren mit Latin-Rhythmen oder 60er-Pop-Musik.

Selber Ort, gleiches Instrument, nächster Abend, Überraschung: 13 Jahre hatten sie nicht mehr zusammen gearbeitet, kurz zuvor waren sie noch beim Jazzfest aufgetreten, und jetzt durfte das Publikum entscheiden, ob es mit »Tab Two« gereift ist. Das legendäre Duo, das in den 1990ern HipHop im Jazz salonfähig gemacht hatte, will es noch mal wissen. Joo Kraus (Trompete) und Hellmut Hattler (Bass) gaben sich unprätentiös. Auf die Bühne, fertig, los. Und dann ohne Pause.

Das Publikum bekam einen Hochleistungsact geboten, in dem Tab Two manchmal Gefahr lief, sich selbst zu überholen, so spielfreudig, so inspiriert agierten sie. Aber auch so konzentriert: Zwar ist die Musik nicht mehr so explosiv und scharf, doch hat Kraus einen Ausdruck gefunden, in dem er klar konturierten Rhythmus mit mit einem unverschämt lässigen, eher schon frei gesungenen Ton synthesiert. Zu hören, dass das Ganze auch umgekehrt funktioniert, war ein besonderes Erlebnis an einem spannenden Konzertabend, an dem Tab Two scheinbar nur für sich – und damit für den ganzen Saal spielten.

Morgen geht das Jazzfest mit »Quadro Nuevo« in die nächste Runde, am Donnerstag kommen »Vocal Sampling« in den Stall. Karten gibt es auch noch für Albie Donellys »Supercharge« (Freitag, 11. Mai) und den legendären Bassisten Ron Carter (Dienstag, 15. Mai)

Weitere Informationen:

www.jazzfest-rottweil.de