Der Angeklagte sei davon ausgegangen, dass er mit seinem libanesischen Führerschein wie ein Tourist bis zu sechs Monate lang in Deutschland fahren darf. Foto: dpa

Mit libanesischem Führerschein in Polizeikontrolle und mit polnischem aus Arbeitslosigkeit.

Rottweil - "Ich bin psychisch am Ende." Der Mann, der das von sich sagt, ist 26 Jahre alt. Kosten für den Anwalt und Gebühren türmen sich vor ihm auf, rauben ihm den Schlaf. Weitreichende Folgen einer Fahrt mit dem Auto 2008 ohne gültigen Führerschein.

Er sei davon ausgegangen, dass er mit seinem libanesischen Führerschein wie ein Tourist bis zu sechs Monate lang in Deutschland fahren darf, erklärt der junge Rottweiler, wie es 2008 zum Schwarzfahren gekommen war. Auf 3000 Euro summierten sich damals das Bußgeld, die Gerichts- und Anwaltskosten. Überdies bekam er den Besuch einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) auferlegt.

Ziel einer solchen Untersuchung ist es, festzustellen, ob der Betroffene ein zuverlässiger und geeigneter Verkehrsteilnehmer ist oder ob er eine Gefahr im Straßenverkehr darstellt. Die weiteren Kosten hat er bislang gescheut. Die Hoffnung, nach der MPU einen ausländischen Führerschein umschreiben lassen zu können, war ihm zu vage – sein Vertrauen in die Führerscheinstelle des Landratsamts ist zu sehr angeknackst. Und die gewünschte schriftliche Zusicherung hat er bislang nicht bekommen.

Auch wenn die Angelegenheit mittlerweile fast vier Jahre zurück liegt – einen gültigen deutschen Führerschein hat der 26-Jährige nach wie vor nicht. Im vergangenen Jahr nutzte er aber sechs Monate, in denen er in Polen gelebt hat, um dort die Führerscheinprüfung abzulegen. Mitte 2011 kam er von dort zurück.

Wieder in Rottweil startete der junge Mann den Versuch, den polnischen Führerschein anerkennen zu lassen. Eigentlich kein außergewöhnliches Ansinnen, doch im konkreten Fall verweigert ihm das Amt den Wunsch, denn die MPU-Auflage steht noch immer unerfüllt im Raum. Von Neuem ging der Schriftverkehr los, der Anwalt legte Widerspruch gegen die Entscheidung des Landratsamtes ein. Mit Datum vom 7. November allerdings flatterte der Schrieb des Regierungspräsidiums ins Haus, das die hier getroffene Entscheidung bestätigt: eine EU-Berechtigung "gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis in der BRD bestandskräftig versagt worden ist". Wieder sind Kosten von 2000 Euro aufgelaufen – ohne dass der 26-Jährige eine neue Erkenntnis gewonnen hätte.

Eine solche MPU-Auflage, erklärt das Landratsamt, erledige sich nicht durch eine Führerscheinprüfung – auch nicht durch das Ablegen in einem EU-Staat. Es sei kein Einzelfall, dass über den Umweg ins Ausland einige Hürden vor einem deutschen Führerschein umschifft werden sollen. Jedoch: Grundsätzlich bestehe die Chance auf eine zeitnahe Aushändigung eines gültigen deutschen Führerscheins, wenn der 26-Jährige sich doch noch bereit erklären würde, sich einer MPU zu unterziehen und er diese erfolgreich besteht.

"Das macht mir mein Leben kaputt"

Das Hin und Her der vergangenen Jahre hat an den Kräften des jungen Rottweilers gezehrt. Die Nerven liegen blank – auch weil er vor einigen Wochen den Job im Nachbarlandkreis auf dem Heuberg als Schleiftechniker verloren hatte, weil sein Chef und er keine Möglichkeit mehr sahen, das Arbeitsverhältnis ohne Führerschein fortzusetzen. "Das macht mir mein Leben kaputt", brachte den 26-Jährigen die Geschichte, die sich aus der Schwarzfahrt entwickelt hat, an den Rand der Resignation.

Spricht man heute mit ihm, hat sich die Stimmung deutlich aufgehellt. Er hat den Anwalt gewechselt – und zwar mit durchschlagendem Erfolg. "Ein Schreiben von Herrn Kauder und das Landratsamt hat alles anerkannt", berichtet der 26-Jährige, dass er nicht nur wieder Auto fahre, sondern auch wieder einen Job habe. Und die Kosten? "Ich habe denen gesagt, dass ich nicht zahlen werde. Notfalls gibt es eben wieder ein Schreiben von meinem Anwalt", meint er mit neuem Selbstbewusstsein.