Klaus Doldinger zeigt am Freitagabend viele Seiten. Foto: Schnekenburger Foto: Schwarzwälder-Bote

Jazzfest: Klaus Doldinger kommt mit seinem "Passport"-Projekt und Filmmusik nach Rottweil

Doldinger, die nächste: Gestern Abend präsentiert der Altmeister beim Rottweiler Jazzfest in der ausverkauften Alten Stallhalle einen beeindruckenden Doppelschlag.

Rottweil. Es gibt kleine und große Konzerte. Manchmal sind die kleinen richtig gut, und bei den großen kratzt man sich die Stirn. Manchmal sind die großen eben nur in der Ankündigung so: groß. Das ist gestern Abend in der Alten Stallhalle alles anders. Da verspricht das Jazzfest ein Wiedersehen mit Klaus Doldinger. Gut. Das ist eine Nummer. Auch wenn er vor fast zwei Jahrzehnten eher ein bisschen, naja, " schwierig" ’rüberkam. "Groß" war er da längst. Und musikalisch hat es gepasst. Gestern Abend sollte es etwas besonderes werden. Der Grandseigneur, inzwischen jenseits der 80, reist nicht nur mit seinem Projekt "Passport" an, sondern hat gar das Orchester der Kammeroper München mit dabei. So gesehen ist der Abend für das Rottweiler Jazzfest schon formal "groß". Dass er zu einem besonderen würde, konnte man zumindest ahnen.

Das Programm ist eine Retrospektive, die Titel werden ausführlich eingebettet in kleine Geschichten. So wird schnell deutlich, was es mit "Passport" auf sich hat. Die Band, übrigens bestens besetzt, eignet sich die unterschiedlichsten Stile an. Doldinger baut sich seinen Jazzrock aus Elementen zusammen, die quasi typisch für musikalische Traditionen rund um den Globus sind. Diese werden herausgearbeitet und in "Passport" eingebettet. Es ist kein Imitieren, sondern ein eher ein Extrahieren, dessen Ergebnis zu einem pointierten Baustein im Gesamten wird.

Das scheinen die Musiker auch zu mögen, denn sie interpretieren diese weit komponierte Musik mit großer Präsenz. Und sie bringen ganz erstaunliche Farben in die Stallhalle. Dass da richtig knackiger Rock mit markigem Bass dabei sein darf, hätte man nicht unbedingt erwartet. Dass sich Klangteppiche ergeben, die dann mit Zug strukturiert werden, schon eher. Dass das so gut funktioniert, dass dieser Teil der Retrospektive ein Schaffen aus dem Moment heraus scheint, eher nicht.

Gut eine Stunde gibt Doldinger seinem "Passport" Raum. Danach ist das Orchester dran. Jetzt ist der andere Doldinger im Fokus. Der Komponist von Filmmusiken, die in durchaus positivem Sinn "Schlagerqualität" haben. Das funktioniert auch gestern Abend. Der, der zuvor noch seine Band angetrieben und mit prägnantem Saxophon überzeugt hat, steht jetzt in einer merkwürdigen Doppelfunktion auf der Bühne: Er hat diese durchkomponierte Musik geschaffen, die nicht aus sich heraus funktioniert, sondern einen ganz bestimmten Zweck verfolgt.

Als Musiker sitzt er jetzt in der ersten Reihe. Manchmal gibt es diese markanten Solo-Melodien, die dramatische Verdichtung – in der Musik wie im, natürlich unsichtbaren, Film. Zu den Filmen selbst sagt er wenig, mehr über die Geschichten drumherum. Das Experiment funktioniert. Nicht nur, dass dieser Aspekt von Doldingers Schaffen in der Retrospektive sehr präsent wird, ganz zwanglos sind auch die Bilder da, die diese Musik begleitet, kommentiert, stützt, verstärkt. Und das zeichnet gute Filmmusik schließlich aus.