An manchen Tagen soll die Angeklagte aus Wellendingen den Nebenkläger im Minutentakt mit SMS oder Anrufen bombardiert haben. (Symbolfoto) Foto: Warmuth

Frau soll 37-Jährigen seit 2014 belästigen. "Ich habe ihn nie bedroht, ich liebe ihn".

Kreis Rottweil - Sie soll eine Stalkerin sein, wie es im Buche steht: hundertfache Kontaktversuche – regelrechter Telefonterror, aber auch Bedrohungen und Verfolgungen. Das wirft die Staatsanwaltschaft einer 52 Jahre alten Frau vor.

"Sie hat ihn kaputt gemacht." Die Zeugin findet vor dem Rottweiler Amtsgericht deutliche Worte. Im Hintergrund schluchzt die Angeklagte, Tränen kullern über ihr Gesicht, dann verbirgt die Angeklagte den Kopf hinter ihren Händen. Die 52-Jährige weint wegen dem, was die Zeugin – die Mutter des Nebenklägers und vermeintlichen Opfers – zuvor berichtet hat: Dass ihr Sohn vor einer Woche versucht hat, sich das Leben zu nehmen. Ihr Sohn sei sehr krank. Sie selbst habe ebenfalls schlimme Schlafstörungen. "Sie hat uns krank gemacht", sagt sie.

Dieser Vorwurf empört die Angeklagte. "Wenn er sich umgebracht hat, dann wegen euch. Schämen Sie sich", ruft sie zwischen ihren Schluchzern. Die Frau hat die Aussage der Mutter offenkundig nicht richtig verstanden. Sie denkt, dem Nebenkläger sei der Suizidversuch gelungen. Dem Mann, dem die 52-Jährige laut Anklage seit 2014 nachstellt. Den sie mit Nachrichten und Anrufen regelrecht bombardieren, aber auch verfolgen und bedrohen soll. Er soll deswegen bereits zwei Mal umgezogen sein, habe mehrmals die Telefonnummern gewechselt. Die Angeklagte habe die Nummer und seine Adresse aber immer wieder durch Lügen und Tricks rausbekommen.

"Ich habe ihn nie bedroht, ich liebe ihn" – das sagt die Angeklagte zu Beginn des Prozesstages. Sie schildert eine ganz andere Geschichte der Beziehung zwischen zu dem 37-Jährigen. Die erste Initiative sei von ihm gekommen, am Anfang sei es die 52-Jährige gewesen, die ihm einen Korb gegeben habe. Zu einem späteren Zeitpunkt hätten die beiden jedoch miteinander Sex gehabt. Als sie ihn dann später in der Stadt gesehen habe, habe sie gemerkt, dass etwas nicht mit dem 37-Jährigen stimme. "Ich hatte den Eindruck, dass ihn bestimmte Leute beobachten." Doch wer? Darauf bekommt die Richterin keine Antwort. Die Angeklagte meint, der 37-Jährige habe ihr erzählt, dass er sich das Leben nehmen wolle. Sie sei besorgt um den 15 Jahre jüngeren Mann gewesen. Das sei auch der Grund gewesen, dass sie ihm öfter geschrieben und ihn angerufen habe.

Die Angaben der Angeklagten sind wirr, sie widerspricht sich immer wieder, meint, der 37-Jährige würde unter Medikamente und unter Druck gesetzt. Ja, er würde sogar erpresst und dazu genötigt, sich nicht mit ihr zu treffen. So erklärt sie sich sowohl die Anzeigen des 37-Jährigen, als auch ein inzwischen ergangenes Gerichtsurteil, nachdem sie sich ihm nicht mehr nähern darf.

Als der Angeklagten SMS an den 37-Jährigen verschickt von ihrem Handy vorgehalten werden, schüttelt sie den Kopf. In zwei SMS heißt es, "Das ist mein Mann. Lasst ihn sofort ran. Ich bringe euch um", und "Willst du, dass ich mich umbringe? Das tue ich für dich". Die Richterin liest zahlreiche Kurznachrichten vor, berichtet von Aktivitätsanalysen der Polizei, die besagen, dass die 52-Jährige an manchen Tagen im Minutentakt beim Nebenkläger angerufen hat. Dazu kommen beispielsweise 94 SMS an nur drei Tagen. Die Reaktion der Angeklagten: "Das war ich nicht." Warum der 37-Jährige ihr denn laut den Protokollen nie geantwortet habe? "Das konnte er ja auch nicht", meint die Frau. Näher erklärt sie diese Aussage nicht.

An einer Stelle versucht die Frau den Spieß umzudrehen, meint über den Nebenkläger: "Mir ist das jetzt auch peinlich, dass der so spinnt." An einem anderen Punkt sagt sie wiederum: "Ich möchte mich auch bei ihm entschuldigen, wenn ich ihn verletzt habe."

Wie steht es um das Urteilsvermögen und die Steuerungsfähigkeit der vermeintlichen Stalkerin? Eine psychiatrische Gutachterin äußert sich im Prozess unentschlossen, als es um die Frage einer möglichen Persönlichkeitsstörung geht. Ihrer Meinung nach seien nicht alle Kriterien für eine paranoide Schizophrenie festzustellen. Aber: Die 52-Jährige habe im Laufe der Zeit einen immer intensiveren Beziehungswunsch entwickelt, der dazu geführt habe, dass sie die Realität nicht mehr richtig einschätzen könne. Eine anhaltend wahnhafte Störung sei bei der Frau nicht auszuschließen.

Das Verfahren wird fortgesetzt.