Lass Blumen sprechen: Nils Schmid kann sich dank einer Gruppe wackerer Wahlkampfhelfer gut gewappnet auf den Weg zu Kontakten mit Passanten und Beschäftigten in den Innenstadtgeschäften. Foto: Scheidel

Für Rosenkavalier ein harter Tag: SPD-Spitzenkandidat streift bei Schmúddelwetter durch die Innenstadt.

Rottweil - Wahlkampf ist ein hartes Brot. Nils Schmid, SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 13. März, versuchte sich am Montag in der Rottweiler Innenstadt als Rosenkavalier. Ähnlich wie die Temperaturen dürfte der Spaßfaktor bei dem kaum zu überbietenden Schmuddelwetter aber wenig über der Null-Grad-Grenze gelegen haben.

Mangels Passanten auf den Straßen suchen Schmid und Begleiter Zuflucht in den Geschäften. Dort konnte man mindestens die Verkäuferinnen mit einem Blumengruß überraschen. Der Großteil der potenziellen Kundschaft scheint – zumindest zwischen 15.20 und 16 Uhr – hinter dem warmen Ofen gesessen zu haben.

Dass für einen ruhigen und besonnenen Zeitgenossen wie den Chef des baden-württembergischen Superministeriums für Finanzen und Wirtschaft Wahlkampf besonderen Stress bedeuten könnte, ist gestern nicht festzustellen. "Gehen Sie auf jeden Fall wählen", sind meistens die einzigen Worte, die der Minister bei seinem Schnelldurchlauf durch Rottweil den Beschenkten zuruft. Eine Dame, die in der Oberen Hauptstraße dahereilt, ziert sich gar, eine Blume entgegenzunehmen. Ob dies aus politischer Überzeugung geschieht, oder weil sie sich von der plötzlichen Offerte "aus fairem Anbau", wie die Wahlkampf-Organisatoren des SPD-Kreisverbands betonen, überrumpelt fühlt, ist nicht genau festzustellen.

Der frühere Rottweiler CDU-Gemeinderat Karl Hezinger ist beim plötzlichen Treff mit dem SPD-Spitzenpolitiker gleich voll bei der Sache. Über Sorgen und Nöte des Mittelstands würde er gerne ein paar Sätze verlieren. Doch es ist kalt, und Schmid sitzt bereits ein weiterer Termin in Villingen im Nacken. Ohne einen flotten Spruch will Hezinger die Zufallsbekanntschaft aus dem Ministerium aber dann doch nicht entlassen. Nils Schmid, der später im Alten Rathaus vom beeindruckenden Flair Rottweils spricht, darf sich kurz mal sagen lassen, dass fürs Wohl einer Stadt vor allem ein guter OB, ein guter Pfarrer und ein guter Metzger ausschlaggebend seien. Ob Schmid im Nachhinein noch gesagt wurde, dass der gut erhaltende Ruheständler Hezinger in seiner Heimatstadt jahrzehntelang als Spitzenmetzger geschätzt wurde, ist dem Schreiber dieser Zeilen nicht bekannt.

Im zweiten Rathaus-Stock wird kurz noch Oberbürgermeister Ralf Broß zu einem "Small Talk" gebeten. Die Gefängnisplanung wird schnell mal angesprochen. Die feierliche Umsetzung der Madonna von der Augenwende am kommenden Samstag von der Heilig-Kreuz- in die Predigerkirche führt Broß als weiteres Zeichen für eine nicht nur in ökumenischen Dingen sehr aufgeschlossene ehemals freie Reichsstadt ins Feld.

"Regieren Sie gut", sagt der Minister dem OB beim Abschied. Der lächelt zurück und wünscht "alles Gute für die nächsten Wochen".