Mit Schockanrufen ziehen kriminelle Kreise vor allem Älteren viel Geld aus der Tasche. Foto: Strobel Foto: Schwarzwälder-Bote

Staatsanwaltschaft Rottweil zieht Bilanz / Zahlen auf Vorjahresniveau / Spektakuläre Fälle

Von Armin Schulz

Kreis Rottweil. Was für eine Zahl: 20 304. So viele Ermittlungsvorgänge zählt die Staatsanwaltschaft Rottweil für das vergangene Jahr. Öffentliches Aufsehen erregen die wenigsten. Wenn das passiert, dann haben es die Fälle in sich. Schock-Anrufe zählen dazu oder Internetkriminalität.

Als nicht direkt Betroffener kann man darüber nur den Kopf schütteln. Darüber, dass so etwas überhaupt gelingen kann. Aber es ist so. Die Täter gelangen zuweilen ans Ziel und kassieren tausende von Euro. Etwa jene, die unter dem Schlagwort "Schock-Anrufe" ins Bewusstsein der Öffentlichkeit dringen.

Davon berichten in einem Pressegespräch der Leitende Oberstaatsanwalt Joachim Dittrich, seine Stellvertreterin, Oberstaatsanwältin Sabine Mayländer, die Erste Staatsanwältin Beate Philipp und der Behördensprecher Frank Grundke.

Die Schock-Anrufe bewegten vor gut einem Jahr die Region. Im Februar 2014 konnte ein 27-Jähriger festgenommen werden. Weitere Ermittlungen ergaben, dass die Täter aus Litauen im gesamten Bundesgebiet tätig waren. Ihre Opfer: russischsprachige Personen. Ihnen wurde am Telefon von einem schlimmen Unfall, den ein naher Verwandter, beispielsweise Sohn oder Enkel, verursacht haben soll, berichtet. Von Scherereien, von verletzten Kindern, von einer dringend ärztlichen Behandlung und von Geld, das auf die Schnelle bezahlt werden müsse.

Alles dreist erfunden. Und dennoch: Die Angerufenen, unter Schock stehend und bedrängt, übergaben kurz darauf das Geld – zwischen 17 000 und 30 000 Euro, so Mayländer – einem so genannten Läufer. Acht Taten konnten festgestellt werden, 50 000 Euro betrug der Schaden. Der festgenommene 27-Jährige wurde zu einer Haftstrafe von drei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Ein weiterer Täter, ebenfalls aus Litauen stammend, wurde später zu drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Die Hintermänner indes, das räumt die Staatsanwaltschaft ein, konnten (noch) nicht dingfest gemacht werden, entsprechende Verfahren liefen.

Es müsse damit gerechnet werden, dass damit die Schock-Anrufe nicht enden werden. Die nächste Anrufer-Welle komme bestimmt, so die Einschätzung der Staatsanwaltschaft.

Ein weiterer Fall, in dem das Internet eine unrühmliche Rolle spielt, ist der Fall eines 14-jährigen Mädchen, das von einer Internetbekanntschaft beinahe zur Prostitution gezwungen wurde. Doch bevor es so weit kommen konnte, flog die Sache auf. Zwei in der Schweiz lebende Personen sollten das Mädchen zu einem 32-jährigen Mann nach Bremen bringen. Doch die Polizei kam dazwischen und befreite das Mädchen. Eine Angeklagte erhielt eine Gefängnisstrafe von 15 Monaten, der Mann in Bremen erhielt eine Bewährungsstrafe von neun Monaten.

Das sind nur zwei von mehr als 20 000 Ermittlungsvorgängen. Darunter sind fast 12 000 Verfahren, bei denen die Täter bekannt sind. Bei 7700 Verfahren sind die Täter unbekannt. Insgesamt liegen die Zahlen auf dem Niveau der Vorjahre.

Eine weitere Kennzahl: Die durchschnittliche Verfahrensdauer ist nach einem Tiefststand von knapp 40 Tagen im Jahr 2013 auf knapp 45 Tage im vergangenen Jahr geklettert. "Das ist immer noch ein sehr, sehr guter Wert", so Dittrich. u Die Staatsanwaltschaft Rottweil ist neben dem Landgericht Rottweil für sechs Amtsgerichte in den Kreisen Rottweil, Freudenstadt und Tuttlingen zuständig. Dieser Bezirk zählt 400 000 Einwohner. Derzeit arbeiten bei der Staatsanwaltschaft 48 Mitarbeiter, davon 13 Staatsanwälte, drei Oberamtsanwälte, fünf Rechtspfleger sowie 27 Personen im Unterstützungsbereich.