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Rottweiler Kinder lernen Dialekt und Hochdeutsch / Oft Vermischung der beiden Sprachen

Das wohl prägendste Merkmal des Schwabenländles ist sein Dialekt. Doch stimmt die Annahme, dass der Nachwuchs immer weniger des Schwäbischen mächtig ist? Wir haben uns in den Rottweiler Kindergärten umgehört.

Rottweil. "Wir können alles – außer Hochdeutsch" – der Werbeslogan des Landes Baden-Württemberg scheint auf die jüngste Gerneration Schwaben nicht mehr ganz zuzutreffen. Tatsächlich wird heute in den Kindergärten, wo ein großer Teil der Spracherziehung stattfindet, Wert auf "Zweisprachigkeit" gelegt – Schwäbisch und Hochdeutsch.

Claudia Mink, Leiterin des katholischen Kindergartens auf der Brücke in Rottweil, erachtet beide Sprachen als wichtig. Schwäbisch finde sie, sei ein Teil der Kultur und Identität der Region, ein Gut, dass an die kommenden Generationen weitergetragen werden solle.

Wichtig für den weiteren Lebensweg der Sprösslinge

Im Kindergarten auf der Brücke werde im Freispiel viel Schwäbisch geredet – gerade auch, weil das eben die Sprache der Erzieherinnen sei. "Da kommt etwas von Echtheit durch", findet Mink. Bei offiziellen Veranstaltungen, oder wenn die Gruppe etwas gemeinsam erarbeitet, dann aber sprechen die Erzieherinnen Hochdeutsch. Das sei für den weiteren Lebensweg der Kinder wichtig. In der Schule oder den Universitäten werde Hochdeutsch verlangt.

Viele der Sprösslinge im Kindergarten auf der Brücke vermischen auch Dialekt und Hochdeutsch – eine Unterscheidung in zwei Sprachblöcke sei in dieser Entwicklungsstufe der Kinder noch nicht möglich, weiß Mink. So komme es beispielsweise zu lustigen Kombinationen wie kürzlich, als ein Kind seinen Freund aufforderte: "Zieh dein Kittel an."

Im evangelischen Kindergarten Sonnenschein erachtet es Leiterin Annette Strohmeier als wichtig, dass sich die Kinder überhaupt untereinander verstehen. Etwa die Hälfte der Kinder hat einen Migrationshintergrund, von ihren Eltern haben sie weder Deutsch noch Schwäbisch gelernt. Daher sollen dort die Erzieherinnen möglichst Hochdeutsch mit den Kleinen reden, gerade mit Rücksicht auf die, deren Muttersprache eine andere ist. Kinder mit Rottweiler Wurzeln, denen das hiesige Dialekt quasi in die Wiege gelegt wurde, dürften allerdings so sprechen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. "Wenn man ein Kind gar nicht versteht, korrigieren wir es", meint Strohmeier, die selbst kein Schwäbisch spricht.

Nicht nur an der Fasnet kommt das Kulturgut Schwäbisch zur Geltung

Als ebenso wichtig hingegen erachtet sie den Erhalt des schwäbischen Dialekts. "Schwäbisch ist ein Kulturgut, das beibehalten werden soll. Daher behandeln wir auch die Fasnet und die Sprüchle im Kindi oder singen schwäbische Lieder". So kommen auch die Kinder mit Migrationshintergrund mit der hiesigen Kultur in Verbindung, denn egal, wo sie in Rottweil sind – zumindest Schwäbisch verstehen, ist in der Region ein Muss.

Die Leiterin des städtischen Kindergartens Engelburg in Neukirch, Lucia Hafner, ist seit 30 Jahren Erzieherin. "Als ich angefangen hab, durfte man im Kindergarten nicht schwäbisch schwätzen, heute sagt man, das gehört zur Identität." Sie selbst aber tue sich mit Hochdeutsch schwer. "Wir lesen viele Geschichten oder singen Lieder, da spricht man automatisch Hochdeutsch." Generell gilt für sie, dass schwäbische Eltern auch schwäbische Kinder haben. Ein Vater beispielsweise lege Wert darauf, dass sein Kind bei der Spracherzieherin, die zwei Tage die Woche in den Kindergarten Engelsburg kommt, ausschließlich Schwäbisch spricht – so wie die ganze Familie eben.

Zu der 25-köpfigen Gruppe gehören fünf Flüchtlingskinder und vier Kinder mit Migrationshintergrund. "Aber wir verstehen uns eigentlich einwandfrei, obwohl jeder so seine eigene Sprache hat", findet Hafner. Dennoch ist für sie Schwäbisch etwas, was Rottweil ausmacht: "Wir sind im Ort integriert, machen bei regionalen Bräuchen mit und da gehört eben auch der Dialekt dazu."