Mike Sättler hat das Kamerabild aus dem Kanal in der Bruderschaftsgasse genau im Blick. Foto: Schwarzwälder-Bote

Zur Kanalsanierung in der Kernstadt laufen jetzt vorbereitende Untersuchungen / Der Kamera entgeht nichts

Von Corinne Otto

Rottweil. Oben hört man es rauschen und brummen – was einige Meter tiefer, unter der historischen Kernstadt passiert, zeigt eine Kamera quasi per Live-Übertragung: Wasser schießt mit hohem Druck durch den Kanal und spült alles mit, was da nicht hingehört. Das ist einiges, denn die Kanäle im Rottweiler Untergrund sind zum Teil mehr als hundert Jahre alt. Sie sollen umfassend in Schuss gebracht werden, damit die Stadt dann wie geplant schrittweise die Gassen in der Kernstadt sanieren kann. Jetzt laufen die vorbereitenden Untersuchungen.

Die zwei weißen Transporter der Fachfirma Kress aus Achern gehören nun schon seit Wochen zum Stadtbild. Stück für Stück begutachten die Mitarbeiter im Auftrag der ENRW die alten Kanäle unter den Gassen des Münsterviertels. Ein "schmutziges" Geschäft ist das aber keineswegs. Modernste Technik ist im Einsatz, um den Schäden im Kanal auf die Spur zu kommen.

Lautstärke stört manche Anwohner

Kress-Mitarbeiter Mike Sättler sitzt in einem der Transporter vor zwei Bildschirmen: Auf einem werden die aktuellen Daten und Standorte erfasst, der andere zeigt das Bild der Untergrundkamera. Sättlers Kollege führt draußen am Schachteingang den Spülschlauch mit Rotationsdüse in den Kanal ein, die Kamera zeigt, wie kurz darauf das Wasser einschießt. "Das sind über 100 bar Druck, das spült schon ordentlich durch", sagt Sättler. Anschließend können die Schäden an den Kanalrohren aufgenommen werden.

Eine Kanaluntersuchung gab es schon vor rund zehn Jahren, dazu ist der Eigenbetrieb Stadtentwässerung verpflichtet. Diesmal aber gibt es eine Besonderheit: "Zum ersten Mal werden auch die einzelnen Anschlussleitungen zu den Häusern hin untersucht", sagt Jürgen Gruler von der ENRW, der die Arbeiten vor Ort begleitet. Dazu fährt eine extra Satellitenkamera in die schmaleren Kanäle. Manche Anschlüsse seien tatsächlich schon kurz vor dem Verschluss gewesen, berichtet Gruler. Es könne also sein, dass sich vorher bestehende Geruchsbelästigungen in manchen Häusern nun nach dem gründlichen Durchspülen in Luft auflösen.

Dennoch: Manchem Anwohner schmeckt die derzeit laufende Maßnahme gar nicht. "Es gibt schon etliche Beschwerden wegen der Lautstärke", sagt Mike Sättler. Dabei komme die Maßnahme letztendlich ja den Anwohnern zugute. Wie ENRW-Abteilungsleiter Andreas Reichert erklärt, sind die Hausanschlussleitungen nach einer Satzungsänderung nun nicht mehr Sache der Eigentümer, sondern in Händen der ENRW. "Deshalb werden sie auch von uns mitsaniert."

Doch erstmal wird noch gespült und geprüft: Bis alle Kanäle im Untersuchungsgebiet – von der Hauptstraße bis zur Hinteren Höllgasse und vom Friedrichsplatz bis zur Oberamteigasse – befahren sind, werden weitere zwei bis drei Wochen vergehen. Dabei ist das Pensum enorm. "40 bis 50 Anschlüsse schaffen wir pro Tag", erklärt Mike Sättler, der von seiner Arbeit – entgegen aller Vorurteile – übrigens begeistert ist. "Es ist wirklich interessant. Gerade in so einer Stadt wie Rottweil."