Flüchtlinge: Monika Heidger berichtet über Textilprojekt

Auf Einladung des Instituts für Orientalistik der Universität Wien, stellte die Kunsttherapeutin Monika Heidger für den Freundeskreis Asyl Rottweil auf einer internationalen Konferenz ihr Textilprojekt "Shingal" der in Rottweil lebenden Frauen aus Kriegsgebieten des Nordirak vor.

Rottweil. Die Konferenz "Women’s solidarity during war" fand im Gedächtnis an das Sinjar-Massaker statt, wo im August 2014 der Islamische Staat (IS) ein Pogrom verübte, bei dem Tausende jesidischer Männer getötet sowie 3929 jesidische Frauen und Mädchen gefangen genommen und versklavt wurden. Zur Konferenz waren 16 interdisziplinäre Experten aus sechs Ländern aufgefordert, über Rehabilitation und Wiedereingliederung von Frauen nach der Sklaverei zu referieren.

Monika Heidgers kunsttherapeutische Begleitung jesidischer Frauen aus den Kriegsgebieten des Nordirak wurde von der Organisatorin des Kongresses, der Islamwissenschaftlerin Seyedeh Behnaz Hosseini, als vorbildlich erachtet: Das Rottweiler Shingal-Projekt stärke durch Strukturierung, Stabilisierung und Orientierung das Selbstwertgefühl dieser schwer traumatisierten Menschen und unterstütze diese somit bei der Rückführung in ihren Alltag.

Die Frauen, Kinder und Jugendlichen des Sonderkontingents sind an 22 Standorten im Land untergebracht. "Mit Empathie und Vorsicht müssten diese Menschen dahin geführt werden, wo sie heute noch gar nicht erahnen, dass sie einmal ankommen werden", sagte Monika Heidger. Zur Traumatisierung kämen kulturelle Unterschiede hinzu. Berufliche oder schulische Leistungen stünden bei ihnen nicht über sozialer Qualität und schon gar nicht über dem Zusammenhalt der Familie.

Max Burger überbringt Grüße von Blume

Trotz seelischer und körperlicher Verletzungen bemühten sich die Jesidinnen jetzt aktiv um ein Weiterkommen, um zu ihrer eigenen Integration und der ihrer Kinder beizutragen. Michael Blume, Leiter der Projektgruppe Sonderkontingente des Staatsministeriums, musste seine Teilnahme kurzfristig absagen und bat deshalb Max Burger vom Freundeskreis Asyl Rottweil, dem Auditorium in Wien Grüße zu überbringen.

Den Veranstaltern der Konferenz, zu denen auch Majid Hassan Ali von der Universität Bamberg gehörte, ist es ein Anliegen, die Geschehnisse von damals als Genozid lückenlos aufzuklären. Die thematische Hauptausrichtung der Konferenz galt jenen Frauen, die sich durch Flucht, Befreiungsaktionen oder Lösegeld befreien konnten, sich aber immer noch mit der katastrophalen Situation in Flüchtlingslagern in den kurdischen Regionen des Irak konfrontiert sehen.

Äußerst gefasst schildert in ihrem erschütternden Konferenzbeitrag die 20-jährige Jesidin Dalal Shirin, Mitautorin des Buches "Ich bleibe eine Tochter des Lichts", von ihrem neunmonatigen IS-Martyrium, der Flucht aus den Fängen ihrer Schergen und wie sie von Baba Sheikh im Heiligen Tal in Lalish aufgenommen, gesegnet und gestärkt wurde. Während ihr Religion früher wenig bedeutet habe, unterstrich sie in ihrem Erfahrungsbericht die neue Verbundenheit zum Jesidentum. Dalal Shirin lebt heute in Baden-Württemberg und sagte im Gespräch mit Monika Heidger spontan einem Besuch Rottweils zu.

In seiner abschließenden Zusammenfassung der Kongressbeiträge, griff der Islamwissenschaftler Miklós Sárközy von der Károli-Gaspar-University, Budapest, den Praxisbericht Monika Heidgers erneut auf. So biete die Kunst allen Menschen die Möglichkeit, die Seele zu öffnen, über sie einer inneren Harmonie, der Schönheit, den Veränderungen Platz zu geben. Wir Mitteleuropäer, besonders seine ungarischen Landsleute, sollten erkennen, so Sárközy, dass jene Menschen, die bei uns Schutz suchen, andere Qualitäten mitbringen, welche unsere bisweilen ergänzen, somit auch unsere Gesellschaft bereichern.

Jesidizismus ist eine monotheistische Religion, aus der sumerischen Periode Mesopotamiens, etwa 3000 v. Chr. Weltweit gibt es etwa eine Million Jesiden. Die große Mehrheit, circa 600 000, leben im Irak, überwiegend in Sinjar im westlichen Teil der Provinz Niniveh.