Sie finden es wichtig, über Frauenthemen zu diskutieren (von links): Gudrun Müller, Gisela Erler und Ulrike Lehmann Fotos: Zelenjuk Foto: Schwarzwälder-Bote

Vortrag: Gisela Erler spricht beim bürgerschaftlichen Engagement über die Rolle der Geschlechter

Frauen sind in den Führungspositionen und in vielen Bereichen der Wirtschaft und Politik immer noch unterrepräsentiert. Doch sind die Ursachen dafür strukturell oder sozial?

Rottweil. Welche Arbeitsmodelle sind für Frauen förderlich? Und warum ist es für die Unternehmen wichtig, sich frauenspezifischen Bedürfnissen und Besonderheiten anzupassen? Spannende Antworten auf solche Fragen gab Gisela Erler, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbe-teiligung, am Vorabend des Weltfrauentags im Alten Gymnasium. Gudrun Müller von der Stadtverwaltung und Ulrike Lehmann von wib Events hatten den Vortragsabend im Rahmen des bürgerschaftlichen Engagements initiiert und Erler als Referentin gewonnen, denn mit dem Thema Geschlechter in der Gesellschaft und im Unternehmen beschäftigt sich die Staatsrätin seit langem.

Vor 25 Jahren hat Erler eine Firma gegründet, die Dienstleistungen im Bereich Familie und Beruf anbietet und überwiegend weibliche Mitarbeiterinnen hat. Für sie und mit ihnen zusammen hat Erler eine spezifische frauenfreundliche Arbeitskultur entwickelt – und hat Frauen dabei wachsen sehen. Inzwischen hat sie die Leitung bei "pme Familienservice" abgegeben. Von ihren Erfahrungen und Beobachtungen berichtete sie nun in Rottweil.

"Frauen haben es viel weniger mit dem Wettbewerb als Männer. Der Wettbewerb ist für Frauen nicht spaßbehaftet", sagte Erler. Dazu komme, dass Frauen in der Regel von Kind an weniger dominant seien. "Während Jungen und Männer stärker auf Durchsetzung orientiert sind und sehr schnell Hierarchien bilden, fällt es den meisten Mädchen und Frauen schwer", weiß Erler. Frauen bräuchten flachere Hierarchien, um sich entfalten zu können, lautete das Fazit der Referentin.

Eine weitere These: "Männer überschätzen sich tendenziell, Frauen neigen dazu, sich zu unterschätzen." In der Arbeitswelt habe das laut Erler zur Folge, dass "Frauen fleißige, kompetente, tüchtige Arbeitsbienen sind und sich nicht gerne hervortun". Sie betonte: "Frauen strahlen nicht so gerne Dominanz aus, auch wenn sie sehr kompetent sind. Es ist deshalb wichtig, gut arbeitenden Frauen größere Aufgaben zuzutrauen, ihnen mehr Verantwortung zu übergeben. Frauen lernen hervorragend im Tun, sie wachsen schnell in die Rolle hinein." So habe es damals in ihrem Unternehmen funktioniert, so könne es auch bei anderen gehen, ist sie überzeugt. Dabei sei es wichtig, meinte Erler, Führung als Unterstützung zu definieren. Es gehe nicht darum, zu kontrollieren und auf die anderen aufzupassen, sondern vielmehr darum, zu koordinieren, zu unterstützen, die Firma mit guten Ideen weiterzubringen.

Eine große Chance für mehr Frauenfreundlichkeit und Work-Life-Balance sieht Erler im Wandel des Familienmodells: "Bei vielen Männern ist der Wunsch gewachsen, mehr mit ihren Kindern zu erleben. Oft sind beide berufstätig, und für beide ist Familie wichtig".

Am Ende des offenen und lockeren Vortragsabends gab es die Möglichkeit, ins Gespräch zu kommen. Viele wertvolle Impulse konnten die Zuhörer mitnehmen – und auch die anwesenden Männer waren begeistert.