Wenn die Sorge um das Gewicht alles dominiert: Essstörungen können schwere Folgeschäden verursachen. Foto: Wüstenhagen

Zahl der Betroffenen im Landkreis nimmt seit Jahren zu. "Magersucht kommt vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor."

Kreis Rottweil - Je schlanker, desto schöner – was in Mode und Werbung oftmals als Schönheitsideal vorgegaukelt wird, kann krank machen. Laut AOK gibt es im Landkreis immer mehr Menschen, die an einer Essstörung leiden.

Dass jemand den natürlichen Umgang mit der Ernährung verliert, kommt in der Region laut einer aktuellen Studie der AOK Schwarzwald-Baar-Heuberg immer häufiger vor. Das ergeben aktuell auswertbare Diagnosen der Versicherten.

Insgesamt 192 AOK-Versicherte aus dem Landkreis Rottweil waren 2014 wegen Essstörungen in ärztlicher Behandlung. Im Jahr 2008 waren es noch 110 Personen. Seitdem ist die Zahl um durchschnittlich acht Prozent pro Jahr gestiegen, teilt die Versicherung mit.

Frauen machten im Landkreis zuletzt 84 Prozent der von Essstörungen Betroffenen aus. Bei Männern gibt es jedoch besonders hohe Steigerungsraten. Innerhalb von sieben Jahren habe sich hier die Anzahl der behandelten Personen mehr als verdreifacht. Bei beiden Geschlechtern seien die jüngeren Altersgruppen ab 15 Jahre bis 29 Jahre besonders betroffen.

Zu den Essstörungen gehört auch Anorexia nervosa, besser bekannt als Magersucht. "Magersucht kommt vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor, wobei Frauen häufiger davon betroffen sind als Männer", erklärt Birgit Imdahl, Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Sozialmedizin in Rottweil sowie Landesvorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Psychiater in Baden-Württemberg. Anteilsmäßig am meisten betroffen sind 15- bis 19-Jährige. Im Jahr 2014 hatten im Landkreis Rottweil insgesamt 47 AOK-Versicherte die Diagnose Magersucht, etwas weniger als beim bisherigen Höchststand 2013 mit 52 Personen. "Zum Krankheitsbild gehören eine permanente Beschäftigung mit dem Gewicht und eine Angst vor Gewichtszunahme. Gleichzeitig wird der eigene Körper verzerrt wahrgenommen und extremes Untergewicht nicht als solches erkannt", erklärt Imdahl. "Betroffenen kann durch eine Psychotherapie geholfen werden."

Unabhängig von der individuellen Heilung müsse man Essstörungen aber dadurch begegnen, dass man einem unrealistischen Körperbild in der Gesellschaft entgegen tritt, meint Psychiaterin Imdahl. Außerdem müssen die Betroffenen laut der Expertin über die Folgen für ihren hungernden Körper informiert werden. Dazu gehören schwere Organschäden wie Nierenversagen und Knochenabbau. Auch Abbau der Hirnsubstanz mit Konzentrationsstörungen und körperlicher Schwäche können Folgen schwerer und chronischer Magersucht sein.