Landes-Generalsekretärin Katja Mast (rechts) spricht mit den Genossinnen und Genossen über das Ergebnis der Landtagswahl und dessen Konsequenzen. Im Bild mit SPD-Kreisvorsitzendem Torsten Stumpf und Diskussionsleiterin Elke Ringl-Klank. Foto: SPD Foto: Schwarzwälder-Bote

Wahl-Schlappe: Katja Mast diskutiert mit SPD-Mitgliedern

Kreis Rottweil. Nils Schmid, der Landesvorsitzende der SPD und seine Generalsekretärin Katja Mast haben sich ein Mammutprogramm vorgenommen: Bis Ende April wollen sie alle 70 Wahlkreise des Landes besuchen, um mit den Mitgliedern über die Konsequenzen aus der desaströs gelaufenen Landtagswahl zu diskutieren. In Dunningen stellte sich Katja Mast im Haus Adlerbrunnen den kritischen Fragen der SPD-Mitglieder. Elke Ringl-Klank, die die Sitzung leitete, stellte ein paar Zahlen vor, die nachdenklich machen.

Mit 12,7 Prozent hat die SPD ihr weitaus schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl in Baden-Württemberg erzielt und damit 40 Prozent ihrer Sitze verloren. Bei Umfragen hatte die Zufriedenheit mit der Landesregierung 70 Prozent betragen, gleichzeitig äußerten sich 56 Prozent mit der Arbeit der SPD unzufrieden obwohl alle Fachleute den SPD-Ministern eine ausgezeichnete Arbeit bescheinigt hatten. "Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass sich das Wählerverhalten extrem verändert hat", erläuterte Mast, und sie konstatierte: "Gefühl schlägt Inhalt. Man wird nicht für die geleistete Arbeit gewählt, sondern dafür, welche Zukunftsvision mit einer Partei verbunden wird und ob diese Vision mit dem Lebensgefühl der Wählerinnen und Wähler zusammen passt."

Die SPD werde oft als altbacken wahrgenommen. Eine Konzentration auf den "Markenkern" der Partei, die soziale Gerechtigkeit, reiche nicht. Wer sagt, er vertrete Arbeitnehmerinteressen, müsse einsehen, dass es die einheitliche Gruppe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mehr gebe. Eine Krankenschwester habe ganz andere Interessen als ein Leiharbeiter, und der sei nicht mit jemandem zu vergleichen, der gar nicht mehr im Unternehmen sitze, sondern am heimischen Computer hochqualifizierte Arbeit leiste. Aber Katja Mast stellt auch klar: Auch wenn es eine Erosion der Wählerbindung gebe, dürfe die SPD nie den Anspruch aufgeben, eine Volkspartei zu sein, schließlich habe sie die Gesellschaft als Ganzes im Blick.

Eine Konzentration auf die Kernkompetenz der SPD, die soziale Gerechtigkeit, mahnte Klaus Kirschner in der Diskussion an. Wer wenig verdient, lande später zwangsläufig in der Altersarmut, und das müsse sozialdemokratische Politik unbedingt verhindern. Er und anderen Diskussionsteilnehmer wiesen vehement auf die skandalös ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung auch in unserem Land hin und sparten in diesem Zusammenhang nicht an Kritik an manchen Entscheidungen von Regierungen mit SPD-Beteiligung.

Viele Leute hätten das Gefühl, man interessiere sich nicht für ihre Probleme, meinte ein altgedientes Mitglied. In der Diskussion wurde klar, dass das nicht nur ein Problem der SPD und nicht nur ein deutsches Problem ist. Überall wählten die Leute rechte Populisten. Der Grund sei ein undifferenzierter Protest gegen "die da oben". Für viele Menschen sei es zum Beispiel schwer einsehbar, dass in einer Koalition immer Kompromisse eingegangen werden müssten.

"Es gibt eine Krise der Volksparteien", ist Katja Mast überzeugt. Für die SPD zieht sie den Schluss, dass man neben der inhaltlichen Arbeit verstärkt auf die Leute zugehen und auch Veranstaltungsformen finden muss, die zum Lebensgefühl der Menschen – vor allem auch der jungen Leute– passen.